Tradition und Fortschritt verbinden |
„Methodenstreit“ und Politikwissenschaft
Der methodologische Glaubenskrieg
am Beginn des 21. Jahrhunderts zwischen
szientistischem Establishment und phronetischen Perestroikans
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2. Kapitel: Begrifflichkeiten,
Kontrahenten und Streitpunkte
In diesem Kapitel werden zuerst die wichtigsten Streitpunkte erläutert, die
den „Methodenstreit“ kennzeichnen. Danach wird eine Explikation von den
wichtigsten Begrifflichkeiten, Interpretationen und Problemformulierungen
vorgenommen. Der dritte Teil dieses Kapitels enthält einen
umfassenden Überblick über die wichtigsten Positionen der Kontrahenten. Im
Vordergrund steht das Kuhn-Narrativ, das in unterschiedlichen Versionen von
beiden Kontrahenten zur Reduktion von Komplexität verwendet wird. Die ersten
beiden Fragen stehen daher im Zentrum
dieses Kapitels:
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- Welches sind die wichtigsten Begrifflichkeiten, Defizite und Streitpunkte
im „Methodenstreit“?
- Welches sind die Kontrahenten im „Methodenstreit“, d.h. im
methodologischen Glaubens- und Wissenschaftskrieg (science war) am Beginn des
21. Jahrhunderts, und welche unterschiedlichen axiologischen, epistemischen,
methodologischen und ontologischen Voraussetzungen oder Vorgehensweisen
bevorzugen sie?
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2.1 Wichtigste Streitpunkte: wissenschaftliche Autorität (Wissenschaftlichkeit)
und Relevanz politikwissenschaftlicher Forschung |
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Zwei übergeordnete Fragestellungen, die bei näherer Betrachtung aus einer Fülle
von Einzelfragen bestehen und, wie ich zeigen werde, eine enorme Komplexität
aufweisen, begründen die Einteilung zweier Lager nach wissenschaftstheoretischen
Gesichtspunkten und stehen daher beim sogenannten „Methodenstreit“ im
Vordergrund: Dabei geht es einmal um die Methodologie, die die wissenschaftliche
Autorität oder die Wissenschaftlichkeit politikwissenschaftlicher Ergebnisse
garantiert. Bei dem anderen Fragenkomplex handelt es sich um die Relevanz
politikwissenschaftlicher oder sozialwissenschaftlicher Forschung erstens für
die Gesellschaft und zweitens für das Wissenschaftssystem selbst.
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2.1.1 Methodologie und wissenschaftliche Autorität |
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Der erste Fragenkomplex hängt mit der Wissenschaftlichkeit und damit der
Autorität des Faches zusammen. Mit welchen Methoden, besser mit welchen
Methodologien kann vor allem die Wissenschaftlichkeit, aber auch die Einheit des
Faches garantiert werden?
Die Szientisten legen einen großen Wert auf die Methodologie, weil nur dadurch
die wissenschaftliche Autorität garantiert werden kann. Ein zentrales Ziel bei
der Gründung der Politikwissenschaft bestand darin, politische Fragestellungen
mit der Autorität einer Wissenschaft zu bearbeiten (Goodin 2011b [2009]).
Die Interpretivisten sowie phronetischen Perestroikans sehen darin vor allem
eine Abwendung von konkreten politischen Problemen und ein selbstreferentielles,
den wahren Problemen abgewandtes Wissenschaftssystem, das im wissenschaftlichen
Elfenbeinturm irrelevanten methodologischen Fragen nachgeht. Die kritischen
Stichworte lauten: methodenorientierte statt problemorientierter Forschung (method-
versus problem-driven research,
Green/Shapiro 1994,
Shapiro 2005, Schram
2003
und 2005) sowie Scholastizismus (scholasticism,
Mead 2010). Für die
Perestroikans steht daher vor allem der nächste Punkt, die praktische Relevanz, im Zentrum des
Interesses. Methodologischen Fragen werden hingegen abschätzig behandelt.
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2.1.2 Relevanz politikwissenschaftlicher Forschung |
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A. Politische und öffentliche Relevanz
Das Verhältnis zwischen Politikwissenschaft und praktischer Politik ist ein
wichtiger Fragenkomplex, genauer geht es um die Relevanz der
politikwissenschaftlichen Forschung für das tägliche politische Geschäft. Wie
können praktikable Lösungen für existente politische Probleme vor allem für
Benachteiligungen von Gruppen und Personen generiert werden? Wie kann man
insbesondere in Zeiten der Verwissenschaftlichung garantieren, dass die im Fach
erarbeiteten Vorschläge auch Gehör finden? Wie kann die Unabhängigkeit des
Faches gegenüber Auftraggebern (Staat, Zivilgesellschaft, Wirtschaft) garantiert
werden?
Während die Relevanz eines Faches in der Öffentlichkeit insbesondere an den
Ergebnissen, sprich Inhalten des Faches oder dem Wissen, das es erstellt,
festgemacht wird, gründet das Ansehen eines Faches innerhalb des
Wissenschaftssystems auf dessen methodologische Innovationskraft.
Wenn es um praktische Forschungen geht, bevorzugt das bürgerlich-liberale
Establishment eine angewandte, technische Methodologie, genauer eine
normative
Rationalwahltheorie (Hardin 2011 [2009]), die phronetischen Perestroikans wollen
hingegen mit einer angewandten Klugheit (Flyvbjerg/Landman/Schram 2012a) die
Sozialwissenschaften revolutionieren und dazu beitragen, dass diesen wieder mehr
öffentliche Relevanz zukommt. „Making Social Science Matter: Why Social Inquiry
Fails and How It Can Succeed Again“ (Flyvbjerg 2001) und „Real Social Science.
Applied Phronesis“ (Flyvbjerg/Landman/Schram 2012a) lauten hier die
program-matischen Titel.
Das zentrale Ziel der Perestroikans besteht darin, die Politikwissenschaft in
der öffentlichen Auseinandersetzung zu profilieren: „Working to ensure that
political science gets to play its part in the broader field of political
struggle is still an effort well worth repeating“ (Schram 2015: 428).
B. Methodologische Relevanz innerhalb des Wissenschaftssystems
Die Relevanz eines Faches im Zusammenspiel aller Wissenschaften ist dadurch
gegeben, dass Methodologien, die in diesem Fach erarbeitet wurden, von anderen
Fächern übernommen wurden. Anders ausgedrückt: Die methodologische
Innovationskraft eines Faches entscheidet hauptsächlich über das Ansehen und die
Relevanz des Faches innerhalb des Wissenschaftssystems.
„Da die Politikwissenschaft weder eine eigene Theorie noch eine eigene Methode
mitbrachte und ihre Grenzen umstritten waren, hat ihr Bemühen um Partialtheorien
angesichts des überzogenen Theorieanspruches, der die Schattenseite der
Humboldtschen Universität schon immer gewesen ist, auf die Nachbardisziplinen
wenig Eindruck gemacht“ (von Beyme 2016: 51). Dieses Urteil wurde für die
Situation der Politikwissenschaft in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg
formuliert, es dürfte auch auf die Entstehung der amerikanischen
Politikwissenschaft übertragen werden können. Insbesondere die Methodologie des
Faches wurde aus anderen Wissenschaften übernommen. In den USA standen und
stehen nach wie vor, wenn es um empirische Forschung geht, zwei Kontrahenten
gegenüber: einerseits der Mainstream, wie wir sehen werden eher die Minderheit
des bürgerlich-liberalen Establishments, die ein kausales Denken (causal
thinking) bevorzugt und dies mit einer logisch-mathematischen
Forschungsmethodologie, generell einer Orientierung an den Naturwissenschaften
sowie einer Orientierung an den Wirtschaftswissenschaften praktiziert, und
andererseits am Beginn des 21. Jahrhundert die sogenannten Perestroikans mit
einer sprachlich-interpretativen Forschungsmethodologie und einer Orientierung
eher an den Geistes- und Kulturwissenschaften (Humanities).
Wenn nun methodologische Auseinandersetzungen als „Streit“ abgetan werden, wie
dies in der Politikwissenschaft von nicht wenigen gemacht wird, dann hat das
Fach schlechte Karten, denn das Wissenschaftssystem ist ein meritokratisches
System, aristokratische Ansprüche führen nicht weiter. Was zählt, sind die
Rekonstruktion, Weiterentwicklung vorhandener Methodologien oder die Innovation
neuer Verfahren, die die Wissenschaft voranbringen, und nicht irgendwelche
überholte Ansprüche. Daher ist es nur konsequent, dass alle
Politikwissenschaftler die „Attitüde des Philosophenkönigtums“ (Wildemann 1967:
21, zitiert nach von Beyme 2016: 49) aufgegeben haben.
Szientisten und Perestroikans haben, wenn es um die Relevanz des Faches geht,
unterschiedliche Schwerpunkte, die sich, wie ich zeigen werde (Kapitel 3), nicht
widersprechen. Im Gegenteil, diese können komplementär verfolgt werden, sobald
Übertreibungen, die es auf beiden Seiten gibt, abgelegt werden.
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In den Wissenschaften herrscht in der Regel kein essentialistisches, sondern
ein nominalistisches Verständnis im Umgang mit Begriffen, d.h., dass Begriffe
keine für immer festgelegte Bedeutung haben, sondern ihre Bedeutung ist sehr
konstruktivistisch und kann daher nur am tatsächlichen Gebrauch festgemacht
werden. Auch ein konstruktivistisches oder nominalistisches Verständnis sollte
die historische Entwicklung von Begrifflichkeiten berücksichtigen, sonst kommt
es zu Konfusionen. Hans
Poser (2012 [2001]) weist darauf hin, dass viele
wichtige Begriffe in der Wissenschaft nicht eindeutig definiert sind oder
unscharf angewendet werden, z.B. die Begriffe „Erklärung“, „Beobachtung“,
„Naturgesetz“, „Gesellschaft“ oder „Epoche“. Hier besteht die Gefahr, in einer
umgangssprachlichen Bedeutung steckenzubleiben oder durch willkürliche
Definitionsversuche dem zugrunde liegenden Sachverhalt nicht gerecht zu werden.
Damit man bei der Begriffsbildung an den Forschungsstand anschließt und auch
Weiterentwicklungen offen bleiben, empfiehlt sich eine Vorgehensweise, wie sie
Paul Rudolf Carnap für die Begriffsexplikation vorgeschlagen hat: „Die Aufgabe
der Begriffsexplikation besteht darin, einen gegebenen, mehr oder weniger
unexakten Begriff durch einen exakten zu ersetzen. Der gegebene Begriff (sowie
der dafür verwendete Ausdruck) soll Explikandum heißen, den exakten Begriff
(sowie den dafür vorgeschlagenen Ausdruck) hingegen, der den ersten ersetzen
soll, nennen wir Explikat. Das Explikandum kann der Sprache des Alltags oder
einem frühen Stadium der Wissenschaftssprache entnommen sein. Das Explikat muß
durch explizite Regeln für seine Anwendung gegeben werden. Dies kann z.B. durch
eine Definition geschehen, welche diesen Begriff in ein bereits vorhandenes
System von logisch-mathematischen oder empirischen Begriffen einordnet“ (Carnap
1959 [1950]: 12).
Die Ersetzung des Explikandums durch das Explikat ist nur dann
gelungen, wenn das Explikat vier Adäquatheitsbedingungen erfüllt (Poser, 2012
[2001]: 44):
- Ähnlichkeit: Zwischen Explikat und Explikandum muss eine Ähnlichkeit
bestehen. In der Mehrzahl der Fälle sollte das Explikat an die Stelle des
Explikandums treten können.
- Regelhaftigkeit: Die Regeln für den Gebrauch des Explikats sind genau
anzugeben, Ausnahmen nach Möglichkeit auszuschließen.
- Fruchtbarkeit: Der neue Begriff soll fruchtbar für die Wissenschaft sein, d.h.
er sollte möglichst viele generelle Aussagen ermöglichen.
- Einfachheit: Der neue Begriff muss so einfach wie möglich ausfallen.
Dieses Verfahren der Explikation wird auch in diesem Buch angewendet. Dabei
sollen aber nicht umgangssprachliche Begriffe schärfer gefasst werden, sondern
bestehende Fachtermini der (Politik)Wissenschaft neu abgegrenzt (z.B. „Methode“,
„politische Theorie“ oder „Politik“) oder neue Begriffe (z.B. Handlungsmaximen,
Handlungsstrategien, Handlungsinstrumente) in die Diskussion eingeführt werden
(Kapitel 3.4.3). Das Muster, das Carnap für die Begriffsexplikation angewendet
hat, gilt meiner Meinung nach analog nicht nur für die Begriffsebene, sondern
auch für alle Ebenen und damit für alle wissenschaftstheoretischen
Fragestellungen und für alle wissenschaftlichen Werkzeuge. Die Hauptaufgabe
jeder Methodologie besteht darin, zu explizieren, zu präzisieren, zu
rekonstruieren oder weiterzuentwickeln. Die Vorteile der Explikation gegenüber
der Definition hat Hans Poser treffend wie folgt zusammengefasst: „Während
nämlich der Einstieg mit einer Definition eine Vorentscheidung trifft, die nicht
weiter in Frage gestellt werden kann und die demzufolge das Resultat – man denke
an das Fischernetz – im Sinne eines Begründungszirkels vorwegnimmt, wird bei der
Explikation erstens ein vorgängiger Dogmatismus vermieden, zweitens wird mit der
Explikation zwar eine Festsetzung getroffen, aber im Gegensatz zur
Definition bleibt deren Überholbarkeit stets sichergestellt: Das Explikat kann,
wenn es sich als erforderlich erweist, revidiert werden. Die Revision ist dabei,
wie sich zeigen wird, selbst nicht voraussetzungslos, allerdings ist auch sie
immer wieder kritisierbar und revidierbar“ (Poser 2012 [2001]: 26).
Im Folgenden werde ich nun die wichtigsten Begriffe und ihre Bedeutung
erörtern, die in dieser Arbeit eine Rolle spielen.
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2.2.1 Methodologie versus Methode |
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Der Begriff „Methode“ wird im engeren Sinne gebraucht, daher werden Methoden
nur die Werkzeuge (tools) genannt, die die wissenschaftliche Ermittlung
von Sachverhalten ermöglichen (z.B. Korrelations- und Regressionsanalysen,
Inhaltsanalysen, teilnehmende Beobachtung, Diskursanalyse,
Technologiefolgenabschätzung). Neben der Methodenebene gibt es meiner Meinung
nach noch neun weitere wissenschaftstheoretische Ebenen. Wissenschaftliche
Analysen können und müssen meiner Auffassung nach auf zehn methodologischen
Ebenen evaluiert werden. Die ersten drei wissenschaftstheoretischen Ebenen
bilden die wissenschaftstheoretischen Grundlagen, in denen erstens über die
Aufgaben und Grenzen, zweitens über die Kriterien und drittens über die
Eigenschaften wissenschaftlicher Diskurse diskutiert wird. Wissenschaftler
übernehmen in der Regel hier implizit insbesondere von Philosophen entwickelte
Positionen. Weitere sieben Ebenen sind die verschiedenen wissenschaftliche
Werkzeuge: Begriffe, Sätze, Theorien, Logiken, Argumentationsweisen, Methoden
und methodische Ansätze (1. Schaubild und
2. Schaubild).
Methodologie ist der umfassendere Begriff und bezeichnet die
Gesamtheit aller methodologischen Erörterungen oder das, was oft mit Methoden im
erweiterten Sinne verstanden wird. Innerhalb der Methodologie geht es darum, mit
welcher Methodologie Wissen generiert wird und wie man Wissenschaft von anderen
Formen der Erkenntnis unterscheiden kann.
Der Unterschied zwischen Wissen (Wissenschaft), z.B.
wissenschaftlicher Politikberatung, auf der einen und anderen Erkenntnisformen
(insbesondere Kritische Rationalisten sprechen pejorativ von Pseudowissen
sowie Pseudowissenschaft), z.B. subjektiven Ideologien, Utopien,
Stammtischparolen oder Wünschen, auf der anderen Seite liegt nicht im Inhalt,
dieser kann sogar gleich sein, sondern in der Begründung bzw. Vorgehensweise
oder genauer gesagt darin, dass wissenschaftliche Ergebnisse mit Hilfe einer
wissenschaftlichen Methodologie generiert werden. Eine wissenschaftsbasierte
Politikberatung begründet Regulierungs- oder Reform-vorschläge für ein
politisches System mittels wissenschaftlicher Werkzeuge, die
wissenschaftstheoretischen Grundlagen genügen. Wissenschaftliche Werkzeuge
bieten die Mittel, mit deren Hilfe empirische (deskriptive, explanative und
prognostische) Aussagen und Aussagensysteme sowie praktische (normative,
pragmatische und technische) Normen und Regeln sowie Normierungs- und
Regulierungssysteme hypothetisch begründet werden. Die
wissenschaftstheoretischen Grundlagen bestimmen die Aufgaben, Grenzen, Kriterien
und Eigenschaften des generierten Wissens (Lauer 2013).
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2.2.2 Methodenstreit versus Methodologiestreit
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Der Begriff „Methodenstreit“ wird in der Auseinandersetzung in einem engeren
und einem weiteren Sinne gebraucht. Im engeren Sinne ist vor allem der Streit
auf der Methodenebene zwischen Anhängern von quantitativen und
qualitativ-interpretativen Methoden gemeint. Im erweiterten Sinne handelt es
sich aber um einen methodologischen Streit, wo es nicht nur um Methoden, sondern
allgemein um wissenschaftliche Werkzeuge sowie generell
wissenschaftstheoretische (axiologische, epistemische, methodologische und
ontologische) Grundüberzeugungen oder Voraussetzungen geht.
Am Beginn des „Methodenstreit“ am Ende des 19. und Beginn des 20. Jahrhunderts
standen vor allem wissenschaftstheoretische (axiologische, epistemische,
methodologische und ontologische) Fragen im Vordergrund (Dilthey 1922 [1883],
Rothacker 1926,
Rickert 1910 [1896],
Windelband 1900 [1894],
Weber 1973b
[1903-1906],
Weber 1973c [1904],
Weber 1973d [1917],
Weber
1973e [1919]).
In der Politikwissenschaft verlagerte sich der Streit schnell auf die
Methodenebene und zwar auf die Ablehnung oder Bevorzugung von quantitativen oder
qualitativen Methoden (Flick/von Kardorff/Steinke), 2015 [2000],
Blatter/Janning/Wagemann 2007,
Denzin/Lincoln 1994,
Creswell 2015 [1998]).
Mittlerweile werden wieder die wissenschaftstheoretischen Konflikte in den
Vordergrund gestellt (Moses/Knutsen 2012 [2007],
Yanow/Schwartz-Shea 2014
[2006], Bevir/Rhodes 2016a).
Aufgrund dieser Zusammenhänge ist es besser von Methodologiestreit
statt von Methodenstreit zu sprechen. Zumal der Begriff „Methodenstreit“ auch zu
Missverständnissen führt, weil der Fokus nur auf einen Gegensatz etwa zwischen
quantitativ-mathematischen und qualitativ-interpretativen Methoden gelegt wird
und die vielen anderen wissenschaftstheoretischen Differenzen nur indirekt zur
Sprache kommen oder die übrigen neun methodologischen Ebenen unzureichend
berücksichtigt werden.
In der Politikwissenschaft genauso wie in anderen Fachwissenschaften stehen
vor allem Methoden sowie methodische Ansätze (Form) einerseits und Theorien
(Inhalt) andererseits im Vordergrund, alle anderen wissenschaftlichen Werkzeuge
sowie die wissenschaftstheoretischen Grundlagen werden oft vernachlässigt.
Meiner Ansicht nach ist es sinnvoll, zwischen zehn Ebenen zu unterscheiden,
damit man Verwechslungen und ein Vorbeireden vermeidet (1. Schaubild
und
2. Schaubild).
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2.2.3 Begrifflichkeiten zur Rekonstruktion von wissenschaftlichem
Fortschritt |
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Zur Beschreibung der verschiedenen wissenschaftlichen Methodologien, der
damit verbundenen Innovationen und des damit erzielten Fortschritts werden
verschiedene Begriffe verwendet. Diese Begrifflichkeiten dienen auch zur
Abgrenzung verschiedener Schulen untereinander.
Ich werde zuerst die am weitesten verbreiteten Begrifflichkeiten erörtern und
zeigen, warum diese ungeeignet sind, die methodologischen Entwicklungen
innerhalb der Politikwissenschaft zu beschreiben, und danach die
Begrifflichkeiten erläutern, die dafür besser geeignet sind.
A. Kuhn-Narrativ: Paradigma, Inkommensurabilität, (kopernikanische)
Revolution oder (kopernikanische) Wende, Bacon-Projekt und
Leonardo-Welt
Am meisten werden die von Thomas Samuel
Kuhn (1976 [1962]) in die Debatte
eingeführten Begrifflichkeiten (Paradigma, Inkommensurabilität,
(kopernikanische) Revolution, normale Wissenschaft) verwendet. In etwa die
gleiche Richtung verweisen auch (kopernikanische) Wende (Blumenberg 1975),
Bacon-Projekt (Schäfer 1993) und Leonardo-Welt (Mittelstraß 1992). Gemeinsam ist
diesen Beschreibungen, dass man in der Neuzeit eine wissenschaftliche Revolution
festmacht, die sich prinzipiell von dem seit der Antike eingeschlagenen Weg
innerhalb der Wissenschaft unterscheidet, und es auch zu unüberbrückbaren
Diskontinuitäten, zu Inkommensurabilitäten und damit zu einer wissenschaftlichen
Revolution kam. Zwischen dem alten und neuen Paradigma gibt es eine allgemeine
Inkommensurabilität, die eine sinnvolle Auseinandersetzung unmöglich macht. Nach
der Revolution wird der wissenschaftliche Fortschritt durch „normale“ Arbeiten
vorangetrieben. Dies nenne ich das Kuhn-Narrativ, das in verschiedenen Versionen
nicht nur von den Kontrahenten im „Methodenstreit“ verwendet wird.
Der Begriff „Paradigma“ wird von allen innerhalb der Politikwissenschaft sehr
inflationär, in sehr unterschiedlichen Bedeutungen und auch oft missverständlich
gebraucht. Dies liegt nicht zuletzt an der Vagheit des Begriffs: „Ein Teil
seines Erfolges, so muß ich mir mit Bedauern sagen, rührt daher, daß fast jeder
alles herauslesen kann, was er will. An dieser übermäßigen Formbarkeit ist
nichts an dem Buch so stark verantwortlich wie die Einführung des Ausdrucks
‚Paradigma‘“ (Kuhn 1977: 389). Margaret Mastermann hat mindestens 22
verschiedene Bedeutungen herausgearbeitet (Kuhn 1977: 389, Details dazu in
Hoyningen-Huene 1988, insbesondere 4. Kapitel: Der Paradigmenbegriff, S. 133
ff.).
Trotz dieser Problematik wird die Kuhn’sche Begrifflichkeit auch in der
Politikwissenschaft sehr gerne verwendet, obwohl sie eigentlich zur Beschreibung
der Entwicklung in der Physik, genauer für die Beschreibung und Erklärung der
(kopernikanischen) Wende vom ptolemäischen zum kopernikanischen Weltbild
entwickelt wurde.
Mit Hilfe des Begriffs „Paradigma“ wird die Unvergleichbarkeit zwischen Epochen,
Theorien oder Methodologien angedeutet. Zwei Paradigmen unterscheiden sich
dadurch, dass es zwischen ihnen eine allgemeine und nicht nur eine
methodologische Inkommensurabilität gibt, so eine der verbreitetsten
Interpretationen. Die allgemeine Inkommensurabilität bewirkt im Falle von
wissenschaftlichen Revolutionen einen Paradigmenwandel und führt aufgrund von
unüberbrückbaren Diskontinuitäten zu einem Zusammenbruch der wissenschaftlichen
Kommunikation. Dies ist sehr selten gegeben, innerhalb der Methodologie kann
dies nicht nachgewiesen werden, weil methodologische Neuerungen nie von allen
Wissenschaftlern etwa innerhalb der Politikwissenschaft übernommen wurden und
„alte“ Methodologien weiterhin angewendet werden. Dies will man auch schon in
der Benennung zum Ausdruck bringen und spricht von Post-Positivismus (Münch
2016). Daher ist es viel angebrachter im Anschluss an Imre
Lakatos (1982 [1978])
von verschiedenen methodologischen Forschungsprogrammen zu sprechen statt von
Paradigmen.
Der Begriff der „Revolution“ wird nicht zuletzt auch dann genutzt, wenn
Innovationen in diesem Fall innerhalb der Methodologie beschrieben werden, die
gerne als „revolutionär“ dargestellt werden. Es wird suggeriert, dass die alte
Methodologie nun überholt sei, dass eine neue an ihre Stelle getreten sei (der
Titel von Francis Bacons Hauptwerk lautet „Novum Organum“ (Bacon 1990 [1620]),
damit wurde er Vorbild für viele andere) und dass es innerhalb der Wissenschaft
nicht nur zu einem Fortschritt und damit zu einer bedeutenden Innovation,
sondern gleich zu „revolutionären“ Neuerungen gekommen ist. Mit den Begriffen
„Revolution“ will man auf grundlegende, revolutionäre Wenden innerhalb der
Wissenschaftsentwicklung hinweisen, wobei man von „kopernikanischen Revolutionen
und Wenden“ auch in Gebieten außerhalb der Physik spricht. Mit dem Begriff
„Wende“ will man eine neue Revolution herbeiführen, weil man die derzeitige
Situation für unangebracht ansieht. Man kann auch von Gegenrevolutionären
sprechen, zumal viele z.B. Hennis (1963) genau wie die phronetischen
Perestroikans auf das Werk von Aristoteles zurückgreifen und die neuzeitliche
Revolution sogar rückgängig machen wollen.
Die Szientisten verwenden den Begriff „Revolution“ und sind überzeugt, dass das
derzeitige Paradigma, dessen Grundlagen im 17. Jahrhundert gelegt wurden und das
in der Politikwissenschaft im 20. Jahrhundert implementiert wurde, dass dieses
reduktionistische Paradigma, in diesem Fall die reduktionistische Methodologie
richtig ist und daher für die Wissenschaftler nur „normale“ Arbeiten anfallen.
Dies ist die Version des Kuhn-Narrativs aus szientistischer Sicht.
Die Interpretivisten (Hermeneutikern, Phänomenologen, Strukturalisten,
Perestroikans) sind der Auffassung, dass das derzeitige
positivistisch-szientistische Paradigma zumindest für die Geistes-, Kultur-,
Sozialwissenschaften ein Irrweg ist und daher unbedingt eine Wende erforderlich
sei, so lautet das interpretative Kuhn-Narrativ. Die Szientisten bevorzugen das Wort „Revolution“, die Interpretivisten
und Perestroikans das Wort „Wende“.
Lothar Schäfer (1993) redet von einem „Bacon-Projekt“, das einen Grundzug der
Moderne ausmacht und sich von der Antike unterscheidet. In der Antike galt die
Erkenntnis der Natur als Selbstzweck, während seit der Neuzeit die Erkenntnis
der Natur als ein Mittel zur Mehrung des allgemeinen Menschenwohls betrachtet
wird. Die Naturforschung soll die Entwicklung von Techniken ermöglichen und
damit dem Menschen Machtmittel zur Verfügung stellen, durch die er sich von der
Naturabhängigkeit und aus materieller Not befreien kann. Francis Bacon
(1561-1626) wird von Schäfer als Propagandist der neuen Zielbestimmung der
Naturforschung angesehen.
Auch Jürgen Mittelstraß bietet eine Begrifflichkeit, mit deren Hilfe man den
modernen Einschnitt fassen kann. Er spricht von der „Leonardo-Welt“ (Mittelstraß
1992). Leonardo da Vinci (1452-1519) fungiert bei ihm als Namenspatron der
industriellen Moderne. Wissenschaftliche und technische Rationalität und ihre
Ergebnisse prägen danach entscheidend die Vorstellungen von gesellschaftlichem
Fortschritt. Wissenschaftsgeschichtlich soll damit die Abkunft der heutigen
Industriegesellschaft kenntlich gemacht werden. Beides kennzeichne die Moderne:
Humanität und Fortschritt einerseits sowie Inhumanität und Zerstörung
andererseits.
Durchgesetzt hat sich nicht nur in der Politikwissenschaft die Begrifflichkeit
von Kuhn. So spricht Robert Edward
Goodin (2011b [2009]: 13) von mehreren
Revolutionen innerhalb der amerikanischen Politikwissenschaft; da es sich dabei
im Kern um die Einführung von neuen Methodologien handelt, werde ich von der
Einführung von methodologischen Forschungsprogrammen sprechen. Diese haben weder
existierende Forschungsprogramme vollständig verdrängt noch gibt es keinen Austausch zwischen
Forschern, die verschiedene Forschungsmethodologien anwenden. Im Gegenteil,
diese Methoden sind komplementär und werden teilweise von ein und demselben
Wissenschaftler angewandt. Kurz gesagt, Komplementarität, vor allem aber ein
Nebeneinander und selten ein Miteinander von Methodologien und nicht
Inkommensurabilität kennzeichnet das methodologische Feld. Daher führen Begriffe
wie „Paradigma“, „Revolution“ und „Wende“ in die Irre, auch wenn es zwischen den
verschiedenen Forschungsschulen zu Irritationen und Missverständnissen kommt. So
suggerieren die Wörter „Revolution“ (behavioral revolution, rational
choice revolution) und „Wende“ (linguistic, cultural,
interpretative oder practical turn), dass es zu einem prinzipiellen
Umbruch gekommen ist, Altes ad acta gelegt wurde und nur noch neue
Methodologien angewandt werden.
B. Traditionen und Forschungsprogramme
In dieser Arbeit werde ich mit den Begriffen „Forschungsprogramme“ und
„Traditionen“ arbeiten und zeigen, dass diese Begriffe ausreichen, um die
methodologischen Entwicklungen seit dem aristotelischen Organon darzustellen.
Anders formuliert, die Begrifflichkeiten von Georg Henrik
von Wright (1974
[1971]) und Imre Lakatos (1982 [1978]) sind besser geeignet als die von Thomas
Samuel Kuhn (1976 [1962]), Lothar
Schäfer (1993), Jürgen
Mittelstraß (1992) oder
Hans Blumenberg (1975), um die methodologischen Entwicklungen nachzuzeichnen.
Die auf Georg Henrik von Wright zurückgehende Unterscheidung in galileische und
aristotelische Tradition (von Wright 1974 [1971]), d.h. in zwei verschiedene
methodologische Traditionen, ist besser geeignet, die methodologischen
Entwicklungen zu erörtern. Im Folgenden werde ich diese Begrifflichkeit in etwas
veränderter Form verwenden: „Was ich hier die galileische Tradition nenne, läßt
sich bis zu Platon, also über Aristoteles hinaus, verfolgen“ (von Wright 1974
[1971]: 17, vgl. Anmerkung 5, S. 151). Daher erscheint mir die Bezeichnung
platonisch-galileische Tradition oder wissenschaftstheoretischer Neoplatonismus
(im Neuplatonismus stehen vor allem die Inhalte von Platons Werk im Mittelpunkt)
treffender (Lauer 2013).
Platonisches Denken lässt sich vor allem auf der Wissensebene und der Ebene
methodischer Ansätze nachweisen, wenn es um Bedingungen und Kriterien des
Wissens und um Modelldenken geht.
Zwischen diesen beiden methodologischen Traditionen gibt es keine allgemeine,
sondern nur eine methodologische Inkommensurabilität. Diese Traditionen
schließen sich daher gegenseitig nicht aus, auch wenn selbstverständlich
widersprüchliche Positionen nicht vereinbar sind, sondern sie können
komplementär gedacht und angewendet werden. Man muss z.B. zuerst Ereignisse
verstehen, bevor man diese danach erklären kann (von Wright 1974 [1971]).
Beide Traditionen enthalten mehrere methodologische Forschungsprogramme, die
sich im Laufe der Zeit auch weiterentwickelt haben. „Tradition“ und nicht
„Forschungsprogramm“ bildet daher den umfassenderen Begriff. Die Unterscheidung
in zwei Traditionen ist deshalb gerechtfertigt, weil die platonisch-galleische
Tradition sehr homogen ist und sich zudem auf sieben von zehn Ebenen von der
aristotelischen Tradition unterscheidet.
Es gibt auch noch andere Möglichkeiten, verschiedene Schulbildungen in den
Sozialwissenschaften zu benennen. So wird etwa zwischen quantitativer und
qualitativer Forschung differenziert. Diese Unterscheidung wird vor allem von
Forschern, die sich an den Geistes- und Kulturwissenschaften orientieren,
verwendet (Flick/von Kardorff/Steinke), 2015 [2000], Blatter/Janning/Wagemann
2007, Denzin/Lincoln 1994,
Creswell 2013 [1998]). Die Wissenschaftler, die sich
an den Naturwissenschaften orientieren und die epistemischen Unterscheidungen in
den Vordergrund stellen, bevorzugen die Unterscheidung in Naturalismus
(Naturalist Philosophy of Science) und Konstruktivismus (Constructivist
Philosophy of Science) und sprechen von „Ways of Knowing. Competing
Methodologies in Social and Political Research“ (Moses/Knutsen 2012 [2007]), so
der Titel eines vielbeachteten Buches. Auch hier wird der Begriff „Tradition“
ausdrücklich verwendet (Moses/Knutsen 2012 [2007]: 7). Beide Vorgehensweisen
überzeugen mich nicht, die erste vor allem, weil sie die Auseinandersetzung auf
die Methodenebene verlagert, die zweite, weil sie das, was Konstruktivismus
bezeichnet wird, mit einer interpretativen Brille beschreibt. Auch Szientisten
können sehr wohl mit Konstruktionen umgehen, wie ich noch nachweisen werde.
Weiterhin wird das zentrale Ziel der konstruktivistischen Tradition,
Sinnverstehen, von den Szientisten schlicht ignoriert und so getan, als ob auch
in der aristotelischen Tradition genauso wie in der platonisch-galileischen
Tradition ein kausaler Reduktionismus vorherrscht.
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2.3 Die Kontrahenten im „Methodenstreit“ oder dem
methodologischen Glaubenskrieg |
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Nun sollen die beiden Kontrahenten
des „Methodenstreits“ innerhalb der (angelsächsischen) Politikwissenschaft kurz
vorgestellt werden, erst danach folgt eine detaillierte Auseinandersetzung: auf
der einen Seite die Kausalisten (kausale Reduktionisten), Naturalisten, (Neo)Positivisten,
Szientisten, oder die disziplinierten Politikwissenschaftler, die sich an den
Naturwissenschaften orientieren und einen methodologischen, insbesondere
kausalen und empirischen Reduktionismus vertreten. Auf der anderen Seite muss
eine Einschränkung innerhalb der aristotelischen Tradition vorgenommen werden.
Es werden nur die Perestroikans behandelt, die sich insbesondere an den Geistes-
und Kulturwissenschaften (Humanities) orientieren und neben kausalen
Erklärungen auch Beschreibungen von Bedeutungen und Sinnzusammenhängen
akzeptieren sowie eine dezidiert problemorientierte und nicht
methodenorientierte Vorgehensweise bevorzugen. Damit hoffen sie, dass sie das
öffentliche Relevanzproblem lösen können.
Der „Methodenstreit“ zwischen diesen beiden Kontrahenten
wird vor allem auf dem Gebiet der Methodologie geführt, besteht seit dem
Entstehen der Sozialwissenschaften im 19. Jahrhundert, dauert bis heute an und
spitzt sich in Abständen von einigen Jahrzehnten immer wieder zu.
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2.3.1 Die Szientisten oder die platonisch-galileische Tradition innerhalb
der Politikwissenschaft: methodologischer, kausaler und empirischer
Reduktionismus, logisch-mathematische Forschungsmethodologie |
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A. Die philosophischen Grundlagen der platonisch-galileischen Tradition
Die philosophischen oder wissenschaftstheoretischen Grundlagen der
platonisch-galileischen Tradition werden im 17. Jahrhundert von folgenden
Denkern gelegt:
Galileo Galilei (1564-1641), Francis Bacon (1561-1626), René Descartes
(1596-1650), Thomas Hobbes (1588-1679) und John Locke (1632-1704). Einige
wichtige Grundlagen gehen auf Platon zurück (von Wright 1974 [1971]: 17, siehe
weiterhin Anmerkung 5, S. 151).
Francis Bacon ersetzt das aristotelische Organum durch sein „Novum Organum“
(Bacon 1990 [1620]), Aristoteles verfolgte im Gegensatz zu Bacon eine
pluralistische und keine reduktionistische Methodologie. Galilei führt das
Experiment als wissenschaftliches Werkzeug ein, Descartes preist die Mathematik
(„more geometrico“,
Descartes 2001 [1637] und
Descartes 1994 [1641]) sowohl als
wichtigstes wissenschaftliches Werkzeug als auch als Vorbild; das mathematische
Exaktheitsideal oder die Mathematik als methodologisches Vorbild innerhalb der
Wissenschaften wird hier begründet.
Wissenschaftstheoretische Reduktionisten suchen nach einem archimedischen Punkt,
genauer gesagt nach einem absoluten Fundament für Wissen oder für die
Wissenschaft. Bis heute extrem einflussreich ist die Suche im Anschluss an
Platons Dialog Theaitetos (Platon
1983c [4. Jahrhundert vor Christus]) nach Bedingungen des
Wissens (Wieland 1999b [1982], Lehrer 1990,
Enskat 2005,
Lauer 2013).
Zur Suche nach einem unerschütterlichen Fundament (fundamentum inconcussum,
Descartes 1994 [1641]) gehört sicherlich auch Descartes’ „ego cogito, ergo sum“,
ja meiner Meinung nach sogar Poppers Abgrenzungskriterium zwischen Wissenschaft
und Pseudowissenschaft. Zwar kritisiert Popper den Certismus (Spinner
1974 und
1978) und damit die Suche nach einem Fundament, spricht aber davon, dass das
Abgrenzungsproblem „das Fundamentalproblem der Erkenntnistheorie“ (Popper 2010
[1979]: 422) sei, auf das sein Fallibilismus eine Lösung hätte. Da in den
Sozialwissenschaften auch logisch-mathematische Modelle (Braun/Saam 2015)
verwendet werden, ja sogar seit den 70er Jahren eine „rational choice revolution“
(Goodin 2011b [2009]: 13) diagnostiziert wurde, ist die Bezeichnung
platonisch-galileische Tradition oder wissenschaftstheoretischer Neoplatonismus
meiner Meinung nach gerechtfertigt.
Damit wurden die methodologischen Grundlagen aufgelistet, die den enormen
Aufstieg der Naturwissenschaften, insbesondere der Physik ermöglichten.
Spätestens seit dem 19. Jahrhundert wird die Physik von vielen als die
Paradedisziplin für alle methodologischen Überlegungen angesehen. Dies hat
enorme Auswirkungen auf die in diesem Jahrhundert entstehenden
Sozialwissenschaften. Viele Sozialwissenschaftler plädierten für eine
Orientierung an den Naturwissenschaften, insbesondere an der Physik. Statistik,
vor allem Korrelations- und Regressionsanalysen, deren Grundlagen im 19.
Jahrhundert gelegt wurden, genießen hohes Ansehen, Sprache und vor allem
Hermeneutik werden unter Generalverdacht gestellt. Die Auswirkungen auf die erst
im 20. Jahrhundert entstehende Politikwissenschaft sind bis heute enorm.
Die Gruppe der Politikwissenschaftler innerhalb der USA, die meines Erachtens
dieser Tradition angehört, legt Wert darauf, „Wissenschaftler“, genauer „disciplined
political scientists“, zu sein. Von ihren Gegnern werden sie „(Neo)Positivisten“,
„Szientisten“, „Naturalisten“ genannt. Es seien Wissenschaftler, die die Kunst
der Kunst willen, einen „Modell-Platonismus“ (Albert 1967c [1965]) oder „hypermethodologism“
(Bevir 2010 [2008]: 69) betreiben und deren Forschung „method-driven“ (Shapiro
2005) sei, ja sogar ein Erstarren in einem Scholastizismus (Mead 2010) wird
ihnen vorgehalten.
Worin besteht die Diszipliniertheit und Exaktheit innerhalb der Politikwissen-schaft? Robert Edward Goodin, der Herausgeber (General Editor) der
elfbändigen Reihe „The Oxford Handbook of Political Science“, stellt in seiner
Zusammenfassung der Reihe mit dem vielsagenden Titel „The State of the
Discipline, the Discipline of the State“ Folgendes fest: „Still even that small
sample suffices – to my mind, at least – to illustrate both the unity and the
diversity of contemporary political science […]. What made all this progress
possible, I submit, is not any loosening of the discipline of political science.
Rather, that progress is attributable to the strength of the discipline’s
discipline […]. The discipline is a pluralist one, but the plurality is
contained within and disciplined by a discipline“ (Goodin 2011b [2009]: 32).
Auch wenn Goodin das nicht expressis verbis sagt, ist der 10. Band dieser Reihe,
„Political Methodology“ (Box-Steffensmeier/Brady/Collier, 2010a [2008]), meiner
Meinung nach the discipline’s discipline, oder anders ausgedrückt, die
politikwissenschaftliche Methodologie (Political Methodology übersetze ich nicht
mit politische, sondern mit politikwissenschaftliche Methodologie. Für den
entsprechenden Hinweis bedanke ich mich bei Michael Haus) garantiert die Wissenschaftlichkeit des
Faches. Dieser Band wurde von den wichtigsten Vertretern des Faches erstellt und
enthält einen herausragenden Überblick über die Methodologie des kausalen und empirischen Reduktionismus oder des
Kausaldenkens bestehend aus deduktiven und
induktiven oder epagogischen Argumentationsweisen, quantitativ-mathematischen
und qualitativ-mathematischen Methoden sowie empirischen und normativen
methodischen Ansätzen innerhalb der Politikwissenschaft am Beginn des 21.
Jahrhunderts. Es handelt sich bei diesem Band (eine weitere Behauptung
meinerseits) um die Up-to-date-Version des Novum Organums von
Francis Bacon (1990 [1620]) nicht nur für die Politikwissenschaft, sondern für
alle Sozialwissenschaften. Dies gilt auch, obwohl der Name „Francis Bacon“ in
dem Handbuch nicht einmal im Personenregister auftaucht. Daher können die
Beiträge dieses Bandes als repräsentativ für die derzeitigen methodologischen
Überzeugungen der platonisch-galileischen Tradition und damit der Szientisten
angesehen werden.
Ich bevorzuge die Bezeichnung „Szientisten“, weil damit die Relevanz der
Methodologie ins Zentrum gestellt wird. Die Bezeichnung „Positivisten“, die in
den englischsprachigen Büchern dominiert, ist sehr missverständlich. Vor allem
durch die Begrifflichkeit werden diesen Forschern Thesen angedichtet, die
eindeutig Positionen des logischen Empirismus sind. Solche Positionen werden
aber heute nur von wenigen Szientisten noch vertreten. Auch der Begriff „Naturalismus“ führt zu
Missverständnissen, weil damit angedeutet wird, dass Szientisten etwa die Rolle
von Akteuren von vornherein nicht untersuchen oder eine Naturgegebenheit und
nicht Konstruiertheit von politischen Systemen annehmen.
Nun noch einige allgemeine Bemerkungen zur platonisch-galileischen Tradition.
Kausalität, die nach allgemeiner Überzeugung unsichtbar ist, also nicht direkt
beobachtet, sondern nur über kausale Inferenzen ermittelt werden kann, ist die
ontologische Voraussetzung schlechthin. Kausalität wird als das angesehen, was
die Welt im Innersten zusammenhält („Daß ich erkenne, was die Welt/ Im Innersten zusammenhält“ (von Goethe, 1978 [1808]: 162 [382-383])),
oder als Zement des Universums (Mackie
1974). Wer Kausalitäten identifiziert, kann die Welt erkennen und verändern.
Beides ist nur möglich, weil, wie Bacon dies in einem Aphorismus festhält (Bacon
1990 [1620]: 80, 3. Aphorismus, Teilband 1), es eine Äquivalenz zwischen
Kausalität und Handeln gibt. Nur unter dieser Voraussetzung kann man durch
„Umkehrungen von Kausalsätzen“ (Weber 1973d [1917]: 529 [491]) oder durch
„Umkehrung des fundamentalen Erklärungsschemas“ (Popper 1984 [1972]: 367)
Erkennen (Theorie) in Handeln (Praxis), d.h. in Sozialtechnologie, umwandeln.
Damit können Anweisungen oder Ratschläge als Teil einer wohlgemerkt angewandten
(nicht praktischen) Politikwissenschaft quasi nebenbei formuliert werden. Dabei
werden die ethisch-normativen sowie pragmatischen Dimensionen überhaupt nicht
thematisiert, wie dies seit der Antike in der praktischen Philosophie oder der
Politischen Philosophie gemacht wird. Allein eine halbierte, instrumentelle
Vernunft (Horkheimer 1967 [1947]) ist hier am Werk.
Innerhalb dieser Tradition wird nur nach Kausalitäten zwischen Ereignissen (events)
gesucht, Kausalität ist die einzige Relation, die zählt, andere Relationen oder
gar Sinnzusammenhänge interessieren nicht. Daher meine Bezeichnung kausaler
Reduktionismus.
Suchte sowohl der Positivismus des 19. Jahrhunderts als auch der Marxismus noch
nach sozialen Gesetzen (Soziophysik), so stehen seit dem 20. Jahrhundert bei
dieser Tradition innerhalb der Politikwissenschaft kausale Regularitäten und
Generalisierungen und vor allem, was die phronetischen Perestroikans und die
Interpretivisten übersehen, konkrete, kausale Ursache-Wirkungs-Mechanismen
auf
dem Programm. Dies vor allem seit den 70er Jahren, nachdem
qualitativ-mathematische Methoden eingeführt (Kapitel 3.9) und weiterentwickelt
wurden. Von der phänomenalen Welt interessieren sich die Kausalisten nur für
data-set observations (DSOs) und causal-process observations (CPOs).
Beides braucht man für kausale Inferenzen, die DSOs zur Ermittlung von kausalen
Regularitäten auf der Makroebene sowie die CPOs für die Identifizierung von
kausalen Prozessen auf der Mikroebene (Brady/Collier 2010 [2004]).
Auch das Projekt einer Soziophysik oder einer sozialen Physik, das im 19.
Jahrhundert prominent vertreten und im 20. Jahrhundert in Vergessenheit geriet
oder ad acta gelegt wurde, steht wieder auf der Tagesordnung, allerdings noch
nicht in der Politikwissenschaft, sondern in der Soziologie (Wagner 2012).
Im Vordergrund der platonisch-galileischen Tradition innerhalb der
Politikwissenschaft stehen also empirische Kausalanalysen, die seit den 50er
Jahren des 20. Jahrhunderts mit Hilfe von quantitativen Werkzeugen (Begriffen,
Methoden und methodischen Ansätzen) sowie deduktiven und induktiven
Argumentationsweisen erstellt werden. Seit den 70er Jahren des letzten
Jahrhunderts kommen logisch-mathematische Modellanalysen, in der
Politikwissenschaft hauptsächlich Rationalwahlmodelle, seit den 70ern
qualitativ-mathematische Werkzeuge und seit den 90ern Experimente (in der
Politikwissenschaft im Gegensatz zur Soziologie kaum Simulationen) hinzu.
Der methodologische Individualismus, eine weitere grundsätzliche Eigenschaft
dieser Tradition, geht auf Thomas
Hobbes (1996
[1651]), aber vor allem auf Maximilian Carl Emil Weber (1980 [1922]) und Friedrich August
von Hayek
(2004 [1943]) zurück und wird in der platonisch-galileischen Tradition einem Holismus vorgezogen (zur Kritik am Holismus sehr einflussreich Popper
1980a
[1944], 1980b
[1944] sowie 2003 [1957]).
Da auch liberale (Locke 1989 [1690]) und utilitaristische Kategorien (Mill 1998
[1861]) hinzukommen, kann man diese Great Revolution innerhalb der Methodologie
bürgerlich-liberal nennen. Susanne Hoeber Rudolph spricht von einem „Lockean
liberalism’s universalism“ (Rudolph 2005b). Weil Politikwissenschaftler dieser
Tradition bürgerlich-liberale Kategorien auch auf Entwicklungsländer anwenden,
diagnostiziert sie einen „Imperialism of Categories“ (Rudolph 2005a).
Liberalismus, Universalismus auf der einen Seite als normative Voraussetzungen
und auf der anderen Seite kausaler und empirischer Reduktionismus,
methodologischer Individualismus, Modellanalysen als axiologische, epistemische,
methodologische und ontologische Annahmen sind die versteckten Voraussetzungen (hidden
assumptions), die in der Regel unreflektiert in empirische Forschungen
hineinfließen. Forscher versuchen, wenn sie diese Annahmen nicht ausdrücklich
erwähnen und berücksichtigen, mit einer logisch-mathematischen
Forschungsmethodologie eine Objektivität vorzugaukeln, die bei näherer
Betrachtung nicht vorhanden ist. Es sind, um es mit Jürgen
Habermas (1968c) zu
formulieren, die erkenntnisleitenden Interessen (Liberalismus, Universalismus),
besser gesagt die wissenschaftstheoretischen Annahmen des bürgerlich-liberalen
Establishments, die die Objektivität der Ergebnisse konterkarieren können (nicht
notwendigerweise beeinflussen müssen, wie Habermas behauptet), sofern diese
nicht thematisiert und damit neutralisiert werden (Kapitel 3.1).
B. Fünf Forschungsprogramme innerhalb der platonisch-galileischen
Tradition statt fünf „Revolutionen“ innerhalb einer „Great Revolution“
Die Bezeichnung „methodologischer Reduktionismus“ ist deshalb angebracht,
weil in der platonisch-galileischen Tradition nur die Methodologie
berücksichtigt wird, mit deren Hilfe man unsichtbare Kausalitäten identifizieren
kann, andere Methodologien werden ignoriert. Ein methodologisches Erstarren oder
Scholastizismus (Mead 2010) innerhalb dieser Tradition kann aber nicht
festgestellt werden, im Gegenteil, es sind mehrere methodologische
Forschungsprogramme innerhalb des Faches von dieser Tradition etabliert worden,
so spricht Goodin von mehreren Revolutionen innerhalb der Politikwissenschaft.
Nach Goodin (2011b [2009]: 13) gab es innerhalb der amerikanischen
Politikwissenschaft drei Revolutionen. Die erste Revolution fand am Anfang des
20. Jahrhunderts statt und führte zur Etablierung der Politikwissenschaft als
Wissenschaft, dadurch dass eine Orientierung an den Naturwissenschaften erfolgte
vor allem durch Einführung des kausalen und empirischen Denkens, von deduktiven
sowie induktiven Argumentationsweisen sowie die Trennung zwischen Sein und
Sollen. Hinzu kamen die Einführung von professionellen und systematischen
Vorgehensweisen sowie die Etablierung des Faches an den amerikanischen
Universitäten am Anfang des 20. Jahrhunderts.
In den 50er Jahren erfolgte die zweite, behavioralistische Revolution (behavioral
revolution), methodologisch insbesondere mit der Einführung von
quantitativen Werkzeugen (quantitativ-mathematische Begriffe sowie ebensolchen
Methoden und methodischen Ansätze): „Der Behavioralismus als eine
methodenbewußte individualistische Vorgehensweise mit exakten Methoden ist in
Amerika zur Sammelbewegung für alle Richtungen geworden, die mit quantitativen
Methoden arbeiten“ (von Beyme 2000 [1972]: 111). In diese Periode reichen auch
die Vorlieben für den methodologischen Individualismus und die pejorative
Ablehnung jedweden Holismus.
Die dritte Revolution, die Rationalwahlrevolution (rational choice revolution),
fand schließlich ab den 70er Jahren statt und führte die Arbeit mit
logisch-mathematischen Modellen ein. Die Politikwissenschaft nahm Entwicklungen
aus den Wirtschaftswissenschaften auf, daher konzentrierte man sich gleich auf
ein ganz bestimmtes Modell und zwar auf das Rationalwahlmodell. Die Soziologie
arbeitet aber auch mit anderen Modellen (Braun/Saam
2015).
Meiner Meinung nach gehören, wie im 3. Kapitel noch nachgewiesen werden soll,
dazu noch zwei weitere „Revolutionen“, besser gesagt methodologische
Innovationen, die zur Einführung folgender methodologischer Forschungsprogramme
führten: erstens die Einführung von qualitativ-mathematischen Methoden
(qualitativ-mathematisches Forschungsprogramm) ab den 70ern Jahren und zweitens
von Experi-menten (im Gegensatz zur Soziologie wird in der Politikwissenschaft
kaum mit Simulationen gearbeitet) ab den 90er Jahren (experimentelles
Forschungsprogramm). Hier zeigt es sich besonders deutlich, dass man besser von
Innovationen statt von Revolutionen spricht (Kapitel 3.9).
Keine der angeführten Innovationen wurde überholt, sondern alle oben
aufgeführten Innovationen bilden kumulativ die Methodologie der
platonisch-galileischen Tradition. Diese fünf methodologischen
Forschungsprogramme oder „Revolutionen“ ereigneten sich alle innerhalb einer
bürgerlich-liberalen „Great Revolution“ oder der platonisch-galileischen
Tradition, deren Grundlage, wie oben kurz beschrieben wurde, vor allem im 17.
Jahrhundert gelegt wurde und die in der amerikanischen Politikwissenschaft seit
Beginn des 20. Jahrhunderts von den disziplinierten Politikwissenschaftlern, den
szientistischen Establishment durchgesetzt wurde (6. Schaubild).
C. Verbreitung des Kausaldenkens innerhalb der Politikwissenschaft:
Establishment statt Mainstream
Quantitative Analysen zeigen, dass nicht der Mainstream, d.h. die Mehrheit
der Politikwissenschaftler, mit quantitativen Methoden arbeitet, wie dies nicht
nur von den Perestroikans behauptet wird, sondern dass seit den 50er Jahren nur
eine Minderheit der Politikwissenschaftler diese Verfahren verwenden. Daher kann
man berechtigterweise den Begriff „Establishment“ benutzen, so wie dies in
dieser Arbeit getan wird. Es sind aber trotzdem weitaus mehr als ein paar
Ostküsten-Brahmanen („East Coast Brahmins“,
Mr. Perestroika 2005 [2000]: 9), die
ein Kausaldenken mittels quantitativ-mathematischer Forschungsmethodologie
bevorzugen und laut den Perestroikans auch die American Political Science
Association (APSA) dominieren (Monroe 2005): „However monolithic the US
discipline may seem from a distance, those working within it know fully well
that it is internally highly divers. From a distance, the US discipline may seem
to be dominated by some hegemonic practice – ‘behavioralism’ in the previous
generation or ‘rational choice’ in the present one. But in fact, those
supposedly ‘hegemonic’ practices are actually practiced to any high degree by
only perhaps 5 % of the US discipline, even in many top departments (Goodin et
al. 2007, 9)“ (Goodin 2011b [2009]: 13).
Die Zahl von lediglich 5 % quantitativ Forschenden, vor allem Behavioralisten
und Rationalwahltheoretiker arbeiten fast ausschließlich mit quantitativen oder
qualitativ-mathematischen Methoden, in den USA ist sehr überraschend, genauso
wie die geringe Anzahl der Artikel, in denen kausales Denken vermutet wird oder
nachgewiesen wurde. In der APSR (American Political Science Review) stieg zwar
deren Zahl auf ca. 35 % und ist seit den 70er Jahren konstant, lag aber bei
allen Artikeln im JSTOR (Journal Storage) in den 90er Jahre noch bei unter 20 %
(Box-Steffensmeier/Brady/Collier 2010b [2008]: 4, siehe auch
Brady/Collier/Box-Steffensmeier
2011 [2009]: 1006, 1022 und 1025). Wenn man noch berücksichtigt, dass
quantitative Forscher ihre Ergebnisse bevorzugt in Form von Artikeln
veröffentlichen, qualitativ-interpretative Forscher ihre Ergebnisse eher in
Buchform (die Buchpublikationen wurden in dem oben zitierten Beitrag nicht
analysiert) publizieren, so sieht man, dass die quantitativ-mathematischen
Forschungen noch weit davon entfernt sind, die Mehrheit der
politikwissenschaftlichen Publikationen zu stellen. Aufgrund der folgenden
Untersuchungen ist es gerechtfertigt und sogar geboten, von „Establishment“
statt vom „Mainstream“ zu sprechen.
Weiterhin wird eine Kluft zwischen kausalen und sprachlich-interpretativen
Studien festgestellt, wobei Letztere erst in den 1980er Jahren zunehmen,
wohlgemerkt innerhalb der wichtigsten amerikanischen Publikationen: „There is
clearly a ‘causal dimension’ which applies to about one-third of the articles
and an ‘interpretative’ dimension which applies to roughly 6 percent of the article. Although we
expected this two-dimensional structure, we were somewhat surprised to find that
the word ‘explanation’ was almost entirely connected with ‘causal or causality’
and with ‘hypothesis’. And we were surprised that the two dimensions were completely
distinctive since they are essentially uncorrelated at 0.077. Moreover, in a
separate analyses, we found that whereas the increase in ‘causal thinking’
occurred around 1960 or maybe even 1950 in political science (see Figure 48.1),
the rise in the use of the term ‘narrative’ and ‘interpretative’ came in 1980“
(Brady/Collier/Box-Steffensmeier 2011 [2009]: 1036).
D. Pluralismus innerhalb der platonisch-galileischen Tradition: Vielfalt
der Methoden, aber kein Pluralismus der Methodologien
Vom eigenen Selbstverständnis her sehen sich Politikwissenschaftler innerhalb
der platonisch-galileischen Tradition in zweifacher Hinsicht als Anhänger des
Pluralismus: Einmal innerhalb der politischen Theorie vertreten sie einen
demokratischen Pluralismus und auf der anderen Seite innerhalb der Methodologie,
die sich aber bei näherer Betrachtung darin konstituiert, dass verschiedene
Methoden und methodische Ansätze zur empirischen Identifizierung von
unsichtbaren Kausalitäten angewandt werden und damit einem empirischen und
kausalen Reduktionismus verpflichtet sind. Allein die empirische Nachweisbarkeit
von Kausalitäten steht im Vordergrund. Deutungs- und Sinnzusammenhänge sowie
eine Phänomenologie des Sichtbaren oder der Erscheinungen spielen keine Rolle.
Erklärungen von Kausalitäten und nicht Beschreibungen von Sinnzusammenhängen
oder Erscheinungen sind das Ziel.
Es handelt sich dabei, wie James Farr zu Recht feststellt, um eine eigene
Variante des Pluralismus, es gibt zwar eine Vielzahl von Methoden und
Argumentationsweisen: „The behavioral revolution blazed on to the science with
its own variant of methodological pluralism, too. […] Behavioral observations,
experimentation, statistical methods, game theory, and systems analyses were all
‘in’, without much skepticism that they did not all ‘fit’ together very well and
that no political scientist could embrace them all“ (Farr 2015: 416). Den roten
Faden bildet aber immer der kausale Reduktionismus, obwohl dies oft nicht
ausdrücklich angeführt wird.
Von einem methodologischen Reduktionismus zu sprechen, ist meiner Meinung nach
gerechtfertigt, nicht nur wegen des empirischen und kausalen Reduktionismus,
sondern auch deshalb, weil nur logisch-mathematische Argumentationsweisen,
quantitativ-mathematische sowie qualitativ-mathematische Methoden angewendet
werden (Kapitel 3.9). Dies gilt, obwohl die Oxford-Reihe einen Überblick über
das gesamte Fach Politikwissenschaft geben will: „The Oxford Handbooks of
Political Science is a ten-volume set of reference books offering authoritative
and engaging critical overview“ (Goodin 2011a [2009]: ii), so die Eigenwerbung.
Mehr noch: Der Generalherausgeber bekennt sich auch zur Vielfalt der
politikwissenschaftlichen Forschung (Goodin 2011b [2009]: 32).
Zwar werden auch in diesem Handbuch qualitative Methoden vorgestellt, diese
haben aber nur den Namen gemeinsam mit den von den Interpretivisten und
Perestroikans verwendeten Methoden. Innerhalb der qualitativen
Forschungsmethodologie geht es um die Ermittlung von Sinnzusammenhängen und
Deutungen von Symbolen (sense making, meaning making, context
of meaning), dies geschieht mit Hilfe von qualitativ-interpretativen
Werkzeugen (Begriffen, Methoden und methodischen Ansätzen), wie sie etwa in
vielen Handbüchern für qualitative oder interpretative Forschung erörtert werden
(Flick/von
Kardorff/Steinke 2015 [2000],
Blatter/Janning/Wagemann 2007,
Denzin/Lincoln
1994, Creswell 2013 [1998],
Yanow/Schwartz-Shea 2014 [2006],
Bevir/Rhodes 2016a).
Bei den insbesondere im englischsprachigen Raum sehr einflussreichen Handbüchern
„Designing Social Inquiry. Scientific Inference in Qualitative Research“ (King/Keohane/Verba
1994) oder
„Rethinking Social Inquiry. Diverse Tools, Shared Standards“ (Brady/Collier 2010
[2004]) dient die dort vorgestellte qualitative Methodologie allein der
Ermittlung von Kausalitäten; da sich diese Forschung an der quantitativen
Forschung orientiert, nenne ich sie qualitativ-mathematische Forschung oder
Methoden. Interpretivisten sprechen auch von qualitativ-positivistischen
Methoden (Schwartz-Shea 2014 [2006]: 143, Fußnote 6). Im Gegensatz dazu gibt es
bei den qualitativ-interpretativen Forschern sogar eine teilweise überzogene
Abgrenzung zur quantitativ-mathematischen Forschungsmethodologie (Flick/von
Kardorff/Steinke 2015 [2000],
Denzin/Lincoln 1994,
Creswell 2013 [1998],
Yanow/Schwartz-Shea
2014 [2006] und Bevir/Rhodes 2016a,
Kapitel 3.2).
Demgegenüber werden die Inhalte, die „undisziplinierte Theoretiker“ generieren,
auch in den entsprechenden Handbüchern der Oxforder Reihe ausführlich referiert.
Nur die Methodologie, mit denen diese Theoretiker arbeiten, bleibt auf der
Strecke. Sie wird leider völlig ignoriert. Im 10. Band „Political Methodology“ (Box-Steffensmeier/Brady/Collier 2010a [2008]) wird nur die logisch-mathematische Forschungsmethodologie
ausführlich erörtert. Dies ist meiner Meinung nach das größte Versäumnis dieser
Reihe.
E. Das szientistische Narrativ: axiologische, epistemische,
methodologische und ontologische Annahmen der platonisch-galileischen Tradition
Im 3. Schaubild wurde eine Reduktion der Komplexität des
szientistischen Narrativs dahingehend unternommen, dass die wichtigsten
axiologischen, epistemischen, methodologischen, normativen und ontologischen
Annahmen der platonisch-galileischen Tradition angeführt werden, die diese
Tradition am Anfang des 21. Jahrhunderts prägen. Dies sind die wichtigsten
Annahmen von Wissenschaftlern, die Politikwissenschaft als Sozialwissenschaft
betreiben, sich an den Naturwissenschaften orientieren, das szientistische
Establishment bilden, eine bürgerlich-liberal-szientistische „Revolution“ in den
Sozialwissenschaften durchgeführt haben sowie deren große Errungenschaften
völlig zu Recht verteidigen, leider auch im Revolutionsmodus. Auch wenn
Szientisten die eigene Position formulieren, fehlen wichtige Voraussetzungen.
Anscheinend wird immer angenommen, dass diese Annahmen implizit enthalten sind
und von allen gekannt werden. Daher wird das szientistische Narrativ in diesem
Schaubild ad fontes zusammengefasst und zwar so, wie ich es aus wichtigen
Quellen, vor allem aus Handbüchern erarbeitet habe (Salmon 1989,
Salmon 1992,
King/Keohane/Verba 1994,
Brady/Collier 2010 [2004],
Box-Steffensmeier/Brady/Collier
2010a [2008], Moses/Knutsen 2012 [2007]) und um Annahmen von Klassikern ergänzt
habe (Bacon 1990 [1620],
Popper 1984 [1972],
Weber 1973d [1917]).
Bei diesem sehr allgemeinen Überblick müssen zwei Einschränkungen
mitbedacht werden. Es handelt sich dabei erstens um eine statische
Momentaufnahme, weder die Dynamik der Entwicklung ja noch nicht einmal die
historische Entwicklung in allen Verästellungen kann dabei dokumentiert werden.
Zweitens handelt es sich um idealtypische Annahmen für alle Szientisten. In der
Praxis ist es aber so, dass es zu verschiedenen Annahmen unterschiedliche ja
teilweise sogar gegensätzliche Meinungen vertreten werden. Auch innerhalb der
platonisch-galileischen Tradition gibt es eine Vielzahl von
wissenschaftstheoretischen Kontroversen.
Eine gründliche Auseinandersetzung mit diesen Annahmen sowie deren Grenzen
und Möglichkeiten wird erst im dritten Kapitel vorgenommen. In diesem Kapitel
geht es darum, zuerst einmal einen Überblick über das szientistische Narrativ
aufzuzeigen. Ich werde im nächsten Unterabschnitt dann dasselbe Narrativ
zurückkommen, allerdings so wie die Phronetiker dies rekonstruieren.
|
2.3.2 Die phronetischen Perestroikans innerhalb der aristotelischen Tradition:
qualitativ-interpretative Forschungsmethodologie und angewandte Klugheit (Applied
Phronesis) |
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A. Die aristotelische Tradition am Beispiel der phronetischen
Perestroikans (Phronetic Political Scientists)
Und nun zu den fröhlichen, aber noch immer undisziplinierten Theoretikern
innerhalb der Politikwissenschaft, die das bürgerlich-liberale Establishment
kritisieren. Kritik an der platonisch-galileischen Tradition hat es seit dem
Entstehen der Sozialwissenschaften im 19. Jahrhundert gegeben und zwar unter
Rückgriff auf die aristotelische Tradition und mit dem Verweis auf die Geistes- oder
Kulturwissenschaften, die sich nach Ansicht dieser Vertreter prinzipiell von den
Naturwissenschaften unterscheiden (Dilthey 1922 [1883],
Rothacker 1926,
Rickert
1910 [1896], Bodammer 1987). In den USA firmieren die Geistes- oder
Kulturwissenschaften unter „Humanities“. Sogar der Status als Wissenschaftler
wird denjenigen abgesprochen, die hier tätig sind. Die Bezeichnung
Politikwissenschaftler (political scientists) wollen diejenigen, die sich
in der platonisch-galileischen Tradition bewegen und sich als Teil der
Sozialwissenschaften sehen, ausschließlich für sich reservieren, die anderen
sind höchstens politische Theoretiker (political theorists). Pejorativ
wird in Deutschland von den Szientisten auch die Bezeichnung „Feuilletonist“
verwendet. Während die Interpretivisten im Gegenzug die Szientisten
rationalistisch-unsensible „Fliegenbeinzähler“ nennen, die im Geiste der
Naturwissenschaften die soziale Realität mit kruden Messmethoden erkunden
wollen.
Der methodologische Reduktionismus oder das bürgerliche Establishment ist sowohl
methodologisch (kausaler Reduktionismus, quantitativ-metrische Werkzeuge,
Rationalwahlmodelle, Experimente) als auch normativ (Bevorzugung des
Liberalismus und Utilitarismus) sehr homogen, die Kritiker hingegen sind sehr
heterogen sowohl in methodologischer als auch normativer Hinsicht: „[T]he
constructivist camp covers much territory, and as a consequence it may house a
more heterogeneous group of fellow travellers than the naturalist camp“ (Moses/Knutsen
2012 [2007]: 199).
Während ein Überblick über den Stand der Forschung am Beginn des 21. Jahrhunderts der neopositivistischen Methodologie, wie oben geschildert, in dem
Band „Political Methodology“ (Box-Steffensmeier/Brady/Collier 2010a [2008])
zusammen-gefasst ist, liegen die Dinge bei der aristotelischen Tradition, die
eine pluralistische Methodologie vertritt, aufgrund der Heterogenität der
Positionen ganz anders. Heterogen sind sowohl die empirisch-deskriptiven als
auch die praktischen Vorgehensweisen sowie die axiologischen und normativen
Positionen (Flick/von Kardorff/Steinke 2015 [2000],
Denzin/Lincoln 1994,
Creswell 2013 [1998],
Yanow/Schwartz-Shea 2014 [2006] und
Bevir/Rhodes 2016a).
Methodologisch wichtig ist auch der Band „The Argumentative Turn in Policy
Analysis and Planning“ von Frank Fischer und John Forester (Fischer/Forester
1993a), die mit anderen Autoren eine argumentative Wende innerhalb der
Politikfeldanalyse initiiert hatten. Auch die argumentative Wende gehört quasi
zum Inventar einer interpretativen Wissenschaft.
Jahrzehntelang wurden kausale Analysen ausschließlich mit quantitativen
Methoden, die auf Statistik und Wahrscheinlichkeitstheorie basieren,
durchgeführt. Quantitative Forschung wird auch heute noch vor allem in Europa
mit kausalen Analysen verbunden (Schmitz/Schubert 2006a), während Deutungs- und
Sinnfragen mit qualitativer Forschung konnotiert werden. Seit den 70er Jahren
werden unter dem Label „qualitative Forschung“ vor allem in den USA auch kausale
Analysen durchgeführt. Einen Überblick über das, was heute alles unter diesem
Label läuft, findet man in dem vierbändigen Kompendium „Qualitative Research in
Political Science. Backgrounds, Pathways and Directions in Qualitative
Methodology. Volume I“ (Blatter/Haverland/ van Hulst 2016a), „Qualitative
Research in Political Science. Causal Regularities, Cross-Case Comparisons,
Configurations. Volume II“ (Blatter/Haverland/van Hulst 2016b), „Qualitative
Research in Political Science. Mechanism, Temporality and Within-Case Analysis.
Volume III“ (Blatter/Haverland/ van Hulst 2016c) und „Qualitative Research in
Political Science. Interpretive and Constructivist Approaches. Volume IV“
(Blatter/Haverland/van Hulst 2016d). Dieses vierbändige Kompendium enthält die
nach den Herausgebern 62 wichtigsten Artikel oder Kapitel aus weitverbreiteten
Methodologiebüchern zu dieser Thematik seit den 70er Jahren.
Der erste Band behandelt die wissenschaftstheoretischen Grundlagen. Der zweite
und der dritte Band beschäftigen sich mit kausalen Fallanalysen und betrachten
qualitativ-mathematische oder qualitativ-positivistische Verfahren zur
Identifizierung von Kausalitäten und kausalen Prozessen auf der Mikroebene. Es
handelt sich um Auszüge aus Büchern und Artikel, die zur Einführung eines
qualitativ-mathematischen Forschungsprogramms beigetragen haben (Kapitel 3.9)
und unter folgendem Untertitel aufgenommen wurden: „The Revolt in the US
Alternatives to the Statistical Template“ (Blatter/Haverland/ van Hulst 2016a:
1-101). Der letzte Band erörtert die europäische Tradition interpretativer und
konstruktivistischer Forschung: „Building on and Defending European Traditions:
From Verstehen to Practices and Interpretation (Blatter/Haverland/ van Hulst
2016a: 103-166).
Zu dieser sehr heterogenen Tradition gehört am Anfang des 21. Jahrhunderts auch
die Perestroika-Bewegung (Mr. Perestroika 2005 [2000], Schram 2003, Monroe
2005). Diese steht neben den Szientisten im Fokus meiner Betrachtung, da der
Methodenstreit am Beispiel der amerikanischen Situation geschildert werden soll.
Weiterhin von Bedeutung ist, dass es sich, wie bei meinem Entwurf einer
praktischen Politikwissenschaft (Lauer 1997), um eine methodologische Kritik aus
praktischer Perspektive handelt. Auch daher fiel die Wahl innerhalb der
Interpretivisten auf die phronetischen Perestroikans.
Im Jahr 2000 wird eine E-Mail an Fachvertreter verschickt, die eine extrem kurze
methodologische und organisatorische, dafür aber sehr polemische Kritik am
„Mainstream“ formuliert, gemeint war, wie oben gezeigt, das Establishment
innerhalb der amerikanischen Politikwissenschaft. Die Mail ist anonym, der/die
Verfasser sind bis heute nicht bekannt, unterschrieben von einem „Mr. Perestroika“ (Mr. Perestroika 2005 [2000]). Die entsprechende
Perestroika-Programmatik wird dezidiert von Sanford F. Schram in einem Essay
„Return to Politics. Perestroika and Postparadigmatic Political Science“ (Schram
2003) formuliert. Darin verweist Schram unter anderem auf einen Band von Bent
Flyvbjerg, in dem dieser ja seinerseits schon zu einer Revolution aufgerufen
hatte: „Making Social Science Matter: Why Social Inquiry Fails and How It Can
Succeed Again“ (Flyvbjerg 2001). Beide setzen sich neben anderen Autoren für
eine Revolution hin zu einer „Real Social Science. Applied Phronesis“ ein, so
der Titel eines weiteren Bandes, in dem diese Methodologie an Beispielen
vorgeführt wird (Flyvbjerg/Landman/Schram 2012a,
Schram/Caterino 2006). Damit
unterscheidet sich diese Bewegung terminologisch von den Interpretivisten, sie
wollen nicht nur eine Wende zu einer deskriptiv-interpretativen
Politikwissenschaft, sondern zu einer phronetischen sowie echten (real)
Politikwissenschaft oder Sozialwissenschaft, obwohl sie viele
wissenschaftstheoretische Annahmen mit den Interpretivisten teilen und auch
ausdrücklich Bezug auf die interpretative Forschung nehmen.
Die kreative Nutzung von verschiedenen philosophischen Positionen von
Aristoteles bis Foucault wird von Schram wie folgt zusammengefast: „Flyvbjerg’s
book is such a breath of fresh air; he creatively uses Aristoteles, Nietzsche,
Foucault, Bourdieu, and others to make many of the same points as Toulmin, but
in his own distinctive way. He fuses an Aristotelian concern for phronesis with
a Marxist concern for praxis, adding a Foucauldian critique of Habermas’s
preoccupation with consensus to demonstrate that a phronetic social science that
can offer a praxis worth pursuing is one that would work within any
contextualised setting to challenge power, especially as it is articulated in
discourse. Flyvbjerg’s phronetic social science would be open to using a
plurality of research methods to help people challenge power more effectively“ (Schram
2006: 27).
Die Heterogenität der Kritiker ist nicht nur durch die Methodologie, sondern
schon aufgrund der Ziele gegeben, die wissenschaftliche Arbeiten erbringen
müssen, einmal wie eine empirische Welterkenntnis ermittelt wird (A) und zum
Zweiten wie Weltveränderungen zu begründen sind (B).
B. Welterkennung, Weltinterpretation, Weltdeutung, speziell die Erkenntnis
der politischen Realität anhand von Spannungspunkten (Tension Points)
Die Gegner der Naturalisten oder Szientisten, egal ob unter der Bezeichnung
„Konstruktivisten“ oder „Interpretivisten“, also alle qualitativen Forscher, die
sich den Geistes- oder Kulturwissenschaften (Humanities) zugehörig fühlen,
definieren sich in Abgrenzung zu den Sozialwissenschaftlern, die sich an den
Naturwissenschaften orientieren: „One of the most commonly held family features
in the constructivist camp is a deep scepticism of the naturalist approach to
social science. This takes aim at the core ontological, epistemological and
methodological claims of the naturalist tradition. As this scepticism is broadly
shared, residents of the constructivist camp might be construed as a collective
Self by virtue of their common opposition to a naturalist Order“ (Moses/Knutsen
2012 [2007]: 198).
Während die methodologischen Reduktionisten ausschließlich kausale Relationen
zwischen Ereignissen identifizieren wollen, spielen Kausalanalysen bei den
Interpretivisten eine eher marginale Rolle. Im Vordergrund stehen in erster
Linie Deutungs- und Sinnzusammenhänge (sense making, meaning making,
context of meaning) und Strukturen, damit geht es um Bedeutungen und
Netzwerke, es geht vor allem um Beschreibungen, um Verstehen und weniger um
Erklärungen. Beschreibungen sollen Bedeutungen und Sinnzusammenhänge erfassen.
Im Zentrum stehen Textanalysen, wobei Bilder, Fotos, Audios und Videos auch wie
Texte behandelt werden. Textanalysen werden vor allem mit rekonstruierenden
Verfahren, abduktiven und induktiven Argumentationsweisen sowie
qualitativ-interpretativen Werkzeugen (Begriffen, Methoden und methodischen
Ansätzen) durchgeführt (Flick/von Kardorff/Steinke 2015 [2000],
Creswell 2013
[1998],
Yanow/Schwartz-Shea 2014 [2006] und
Bevir/Rhodes 2016a).
Daneben gibt es auch Beschreibungen von sichtbaren Phänomenen (Erscheinungen);
erst wenn man das Sichtbare, die Ereignisse, beschreiben kann, kann man danach
dazu übergehen, Unsichtbares (Kausalität) zu erklären. Von Wright spricht davon,
dass man zuerst etwas verstehen muss, bevor man es erklären kann, oder ein
Verstehen dem Erklären vorausgeht (von Wright 1974 [1971]). Phänomenologische
Beschreibungen und kausale Erklärungen ergänzen sich oder sind komplementär
zueinander.
Hinzu kommt, dass innerhalb dieser Tradition nicht nur politische Phänomene,
sondern auch der Forscher selbst in den Fokus der Untersuchungen kommt und damit
vor allem diesbezügliche erkenntnistheoretische Fragestellungen: „Thus the focus
of their inquiry is just as often the inquirer (and her context) as it is the
particular object of inquiry - because it is here that the roots of these
patterns lie buried“ (Moses/Knutsen 2012 [2007]: 201).
Viele dieser Fragestellungen der pluralistischen (aristotelischen) Tradition
stehen bei den Perestroikans nicht im Vordergrund des wissenschaftlichen
Interesses. Sie wollten, zumindest in den ersten Beiträgen, sich nicht einmal
mit der Welterkennung aufhalten, sondern gleich eine revolutionäre
Weltveränderung in Gang setzen. Erst im letzten Band (Flyvbjerg/Landman/Schram
2012a) wird nach Spannungspunkten (tension points) gesucht, die es dann zu
verändern gilt. Die Erkennung dieser Spannungspunkte wurde damit zum zentralen
Ziel empirischer Forschung.
C. Weltveränderung, speziell Veränderung der politischen Realität mittels
angewandter Klugheit (Applied Phronesis)
Die Heterogenität zeigt sich auch in den politischen Inhalten. Die gesamte
Breite des politischen Spektrums wird vertreten, insbesondere linke und
konservative, aber auch liberale Positionen findet man innerhalb der
aristotelischen Tradition. Auch hier gehen, wie bei den Szientisten, oft
Methodologie und Politische Philosophie Hand in Hand.
Kritik am methodologischen Reduktionismus kommt einmal von linken Bewegungen,
der Frankfurter Schule, weiterhin von Hermeneutikern und Phänomenologen
innerhalb der Geistes- oder Kulturwissenschaften, der Sprachphilosophie,
amerikanischem Pragmatismus und französischem (Post)Strukturalismus innerhalb
der Philosophie und des Perestroika-Bewegung am Beginn des 21. Jahrhunderts.
Auch der Caucus for a New Political Science innerhalb der amerikanischen
Politikwissenschaft der 60er Jahre des vorigen Jahrhunderts war vor allem
neomarxistisch geprägt.
Neben der Vorliebe für die sprachlich-interpretative Forschungsmethodologie eint
die aristotelische Tradition der Glaube an den Vorrang der Praxis. Alle heben
den Vorrang der Praxis gegenüber der Theorie hervor. Der platonisch-galileischen
Tradition werden, wie ich zeigen werde, teilweise völlig zu Unrecht mangelnde
Praxisfähigkeit und nutzloses Theoretisieren vorgeworfen. Die Perestroikans
weisen auf dieses angebliche Manko schon in den Titeln ihrer Werke hin: „Making
Social Science Matter“ (Flyvbjerg 2001), „Return to Politics“ (Schram 2005),
„Real Social Science. Applied Phronesis“ (Flyvbjerg/Landman/Schram 2012a).
Kritisiert wird nicht nur die quantitative Methodologie, sondern darüber hinaus
auch die ideologisch-normativen sowie die axiologischen, epistemischen,
methodologischen und ontologischen Grundpositionen, die das bürgerlich-liberale
Establishment vertritt. John Gunnell fasst die Position der Perestroikans wie
folgt zusammen: „Although the critics were philosophically and ideologically
diverse, they coalesced around their mutual opposition to the basic values
embedded in American political science such as liberalism. individualism,
interest-group pluralism, scientism and unity of science, the logical
disjunction between fact and value, and pragmatic relativism, which were all, in
various respects and degrees, elements of what had become a general vision of
historical progress in both politics and political inquiry“ (Gunnell 2015a:
410-411). Auch hier werden nur die wichtigsten Differenzen aufgeführt und diese
lediglich in einer sehr reduzierten Form. Damit die ganze Bandbreite der
Differenzen sowie die Missverständnisse ausgeräumt werden, werde ich beide
Positionen nochmals detailliert im dritten Kapitel erläutern.
D. Die Sicht der Perestroikans auf die Szientisten der
platonisch-galileischen
Tradition
Die methodologischen Bestrebungen der platonisch-galileischen Tradition
werden von den Perestroikans sehr verkürzt und missverständlich zusammengefasst
und wie folgt wiedergegeben. Wissen wird in einem kumulativen Prozess generiert,
wobei Wissen aus Erklärungen, Prognosen und kontextfreien Theorien besteht: „In
this interpretation advances in natural science research and technological
progress are founded upon a relatively cumulative production of knowledge, the
key concepts being explanation and prediction based on context-independent
theories“ (Flyvbjerg 2001: 26).
Zu den genannten Charakteristika kommen noch das Streben nach Wahrheit und
Objektivität, universelle Generalisierungen und falsifizierbare kausale
Hypothesen, wobei das Ganze mit Hilfe von Large-N-Studien ermittelt wird. Das so
generierte kausale Wissen wird dann der Gesellschaft für praktische
Veränderungen zur Verfügung gestellt: „From the vantage point of many Perestroikans, the dominant
paradigm in the field operates to the following hierarchy of assumptions: (1)
political science exists to help promote understanding of the truth about
politics; (2) political science research contributes to this quest by adding to
the accumulation of an expanding base of objective knowledge about politics; (3) the growth of this
knowledge base is contingent upon building of theory that offers explanations of
politics; (4) the building of theory is depending on universal generalisations
regarding the behavior of political actors; (5) the development of a growing
body of generalisations occurs by testing falsifiable, causal hypotheses that
demonstrate their success in making predictions; (6) the accumulation of a
growing body of predictions about political behavior comes from the study of
variables in samples involving large numbers of cases; (7) this growing body of objective, causal knowledge can be
put in service of society, particularly by influencing public policy makers and
the stewards of the state“ (Schram 2003: 836,
Flyvbjerg/Landman/Schram 2012a).
Diese sicherlich idealtypisch intendierten Zusammenfassungen der platonisch-galileischen Tradition von Flyvbjerg, Landman und Schram (ähnliche Ansichten
findet man auch bei vielen anderen Autoren) bieten keine adäquate Reduktion von
Komplexität. Im Gegenteil tragen sie zu den vielen Missverständnissen erheblich
bei, weil zentrale Aspekte der naturalistischen oder szientistischen
Methodologie überhaupt nicht in den Blickpunkt kommen, und wenn, dann sind sie
oft einfach falsch oder überholt. Nicht zuletzt daher sollen die
methodologischen Differenzen im nächsten Kapitel auf zehn Ebenen erarbeitet
werden. Im dritten Schaubild habe ich das liberal-szientistische Narrativ und
dessen axiologische, epistemische, methodologische und ontologische Annahmen
zusammengestellt (3. Schaubild).
Es handelt sich dabei um einen positivistischen oder naturalistischen
Pappkameraden, ähnliche Narrative werden auch von anderen Interpretivisten erst
ausgebreitet, damit man die Unangemessenheit der positivistischen Tradition
aufzeigt und eine Wende zu einem interpretativen Paradigma begründet (Bevir/Blakely
2016,
Yanow/Schwartz-Shea 2014b [2006]) oder das naturalistische dem
konstruktivistischen Paradigma gegenüberstellt (Moses/Knutsen 2012 [2007]).
Im Folgenden werde ich kurz (Details in den Kapiteln
3.2 und
3.3) auf Annahmen
eingehen, die die szientistische Position verzerren und eine prinzipielle
Differenz vorgaukeln, die es so nicht gibt.
Naturalisten würden sich von Konstruktivisten (Moses/Knutsen 2012 [2007])
dadurch unterscheiden, dass erstere von der ontologischen Voraussetzung
ausgehen, die externe Realität gegeben sei und letztere, dass sie von Akteuren
konstruiert sei. Die Behavioralisten hatten in der Tat die Akteure aus ihren
Analysen verbannt, die Rational-Choice-Revolution hat diese aber wieder
eingeführt: „‚Bringing men back‘ war ein Verdienst des Rational Choice-Ansatzes“
(von Beyme 2000 [1972]: 145).
Zu den epistemischen Annahmen der Szientisten würde die Suche nach universellen Wahrheiten zählen. Der
hypothetische Charakter der Wahrheit sowie
deren Wenn-dann-Struktur gehören zu den impliziten Annahmen, die selten ausdrücklich behandelt werden. Die Suche nach „der“ Wahrheit ist eine
Vorstellung, die spätestens seit dem Kritischen Rationalismus kaum mehr
vertreten wird. Popper spricht sogar in dem Titel eines erkenntnistheoretischen
Buches von Vermutungen (conjectures), verzichtet aber nicht auf das Ideal
der Wahrheit und spricht von einer Annäherung an die Wahrheit (Popper 1972,
Kapitel 3.2).
Auch die Korrespondenztheorie oder die Bildtheorie der Wahrheit (Wittgenstein
1984b [1922]) wird, nicht zuletzt aufgrund der Theoriegeladenheit der
Beobachtung und der Unmöglichkeit, die Position eines unabhängigen Beobachters
einzunehmen, von vielen Szientisten verworfen. Die Kohärenztheorie der Wahrheit
dürfte in beiden Traditionen mittlerweile die meisten Unterstützer erhalten (Skirbekk
1977, Gloy 2004), zumal mittlerweile auch Habermas, einer der wichtigsten
Vertreter der Konsenstheorie der Wahrheit, inzwischen zur Kohärenztheorie steht
(Habermas 2009b [1999]: 400).
Flyvbjerg macht den Szientisten den Vorwurf, dass sie sich an einer überkommenen
Vorstellung von Naturwissenschaft orientieren, eine Vorstellung, die im 19.
Jahrhundert steckengeblieben sei. Analog kann man ihm, den Perestroikans und
vielen Interpretivisten den Vorwurf machen, dass sie die
wissenschaftstheoretischen Entwicklungen der platonisch-galileischen Tradition
seit dem logischen Empirismus und der Philosophie der idealen Sprache nicht mehr
mitbekommen haben. Dies zeigt sich auch an der Bezeichnung „Positivismus“, die
ich nicht benutze, weil die Szientisten weder nach universellen Wahrheiten
suchen noch alle die Korrespondenztheorie der Wahrheit vertreten. Insbesondere
die Wissenschaftler, die mit (Rationalwahl-)Modellen arbeiten, verwenden vor
allem die Kohärenztheorie der Wahrheit, auch wenn dies kaum ausdrücklich
festgehalten wird.
Auch konstruktivistische Positionen dürften Wissenschaftlern, die
Modelldenken bevorzugen, nicht fremd sein. Popper hat sich schon im
Positivismusstreit völlig zu Recht beschwert, dass sein Kritischer Rationalismus
mit dem logischen Positivismus verwechselt wurde. Dies ist heute leider auch
noch feststellbar. Einen Überblick über das szientistische Narrativ findet man
oben (3. Schaubild).
E. Das phronetische Narrativ der Perestroikans
Die wichtigsten ontologischen Voraussetzungen der Phronetiker lauten, dass
die Realität konstruiert sei und es sogenannte Spannungspunkte (tension
points) gibt. Die Erkundung folgender epistemischer Ziele wird gefordert:
Die Beschreibung von Phänomenen sowie der Gebrauch oder die Benennung (naming)
von Symbolen (Texte, Bilder, Audios und Videos) werden angestrebt. Wichtig sind
weiterhin die Rahmung (framing) und die Beschreibung von Sprachregeln,
Interpretationsschemata, Deutungsmustern, Lebensformen und vor allem
Machtstrukturen. Es geht sowohl um lokales Wissen als auch um die
Kontextbezogenheit des Wissens.
Das quantitativ-qualitative Schisma wird abgelehnt, d.h., sowohl quantitative
als auch qualitative Werkzeuge können verwendet werden. Weiterhin wird in diesem
Zusammenhang eine Methodenvielfalt propagiert.
Der Schwerpunkt der wissenschaftstheoretischen Themen liegt bei den
phronetischen Perestroikans eindeutig auf der Axiologie. Problemstellungen mit
lebenspraktischer Relevanz (practical significance) sowie eine
Problemorientierung der Forschung generell werden empfohlen, um eine bessere
Relevanz und Praxisbezogenheit zu erreichen. Dies alles kann man mit einer
angewandten Klugheit (applied phronesis) erreichen. Damit sollen
ungerechte Machtverhältnisse verändert werden.
Die Phronetiker bauen künstlich vier Gegensätze zu den Szientisten auf. So wird
erstens behauptet, dass die Szientisten nach universellen Wahrheiten streben.
Dies stimmt nicht, weil der hypothetische Charakter des Wissens auch bei den
Szientisten außer Frage steht (Kapitel 3.2).
Die Interpretivisten genauso wie die Phronetiker heben zweitens die örtliche und
zeitliche Kontextbezogenheit des Wissens hervor. Die Szientisten betonen die
Wenn-dann-Tiefenstruktur des Wissens, im Wenn-Teil können nicht nur örtliche und
zeitliche Kontexte, sondern auch eine unbegrenzte Zahl von Bedingungen angeführt
werden. Die Ceteris-paribus-Klausel gilt implizit, sie muss also für jede
wissenschaftliche Behauptung berücksichtigt werden (Kapitel 3.1.3).
Die nächsten beiden Gegensätze bestehen nur teilweise. Während die
Perestroikans drittens einen radikalen Konstruktivismus vertreten, kann die
externe Realität für die Szientisten sowohl sozial konstruiert als auch Natur
gegeben sein.
Viertens sind auch vielen Szientisten längst die Probleme der Bildtheorie
oder Korrespondenztheorie der Wahrheit bekannt. Wissenschaftler, die bevorzugt
mit Modellen arbeiten (Rationalwahltheoretiker), benutzen genauso wie die
Interpretivisten die Kohärenztheorie der Wahrheit (Kapitel 3.3).
Einen Überblick über das phronetische Narrativ und dessen axiologische,
epistemische, methodologische und ontologische Annahmen findet man oben im
vierten Schaubild (4. Schaubild).
Hier geht es weiter zum 3.
Kapitel:
Methodologische Differenzen
wissenschaftlicher Methodologie
auf zehn vertikalen und drei horizontalen Ebenen.
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