Tradition und Fortschritt verbinden |
„Methodenstreit“ und Politikwissenschaft
Der methodologische Glaubenskrieg
am Beginn des 21. Jahrhunderts zwischen
szientistischem Establishment und phronetischen Perestroikans
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1. Einleitung:
Methodologie und Politikwissenschaft
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1.1 Ausgangspunkte: methodologische Auseinandersetzungen
innerhalb der Politikwissenschaft einst und heute |
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1.1.1 Relevanz und instrumenteller Charakter der Methodologie für die
Wissenschaft |
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Die zentrale Relevanz wissenschaftlicher Methodologie ist erstens deshalb
gegeben, weil allein die Methodologie den Unterschied zwischen Wissenschaft und
anderen Formen der Erkenntnisermittlung begründet und legitimiert. Die
Wissenschaft ist der Ort, an dem wissenschaftliches Wissen generiert wird. An
diesem Ort wird mittels der Methodologie wissenschaftliches Wissen garantiert
und konstituiert, damit verleiht die Wissenschaft diesem Wissen
wissenschaftliche Autorität.
Die Methodologie hat in der Antike den Übergang vom Mythos zum Logos begründet,
sie ermöglicht auch heute noch eine Unterscheidung zwischen Wissen und anderen
Formen von Erkenntnissen, die nicht wissenschaftlich, d.h. nicht methodologisch
und nicht systematisch, generiert werden.
Die Methodologie ist zugleich Werkzeug und Gegenstand der Wissenschaften. Als
Werkzeug dient sie zur Generierung von Inhalten in Form von Wissen. Die
Methodologie selber ist auch Gegenstand wissenschaftlicher Forschung, dabei wird
sie kritisch evaluiert und weiterentwickelt.
Die Methodologie steckt einfach die Grenzen des Unternehmens „Wissenschaft“ ab:
Die Begriffe „Wissen“ und „Wissenschaft“ gehören zusammen. In anderen
Sprachen, außer in Latein, wo das Wort „scientia“ beides, Wissenschaft und
Wissen, bedeutet, ist dies nicht so offensichtlich wie im Deutschen: So gibt es
im Englischen zwei Wörter dazu „science“ und „knowledge“, im Französischen
„science“ und „savoir“ oder „connaissances“. Wissenschaftler generieren
innerhalb von wissenschaftlichen
Institutionen Wissen mit Hilfe von verschiedenen wissenschaftlichen Werkzeugen.
Die wissenschaftliche Methodologie begründet eine Demarkationslinie zwischen
Wissen und anderen Formen der Erkenntnis, diese Demarkationslinie ändert sich im
Übrigen gerade aufgrund der methodologischen Entwicklungen ständig und zwar
werden die Grenzen des Wissens erweitert oder aber wieder enger gezogen.
Zweitens spielt die Methodologie auch in anderen Bereichen als der
Wissensgenerierung in jedem Einzelfach eine besondere Rolle, etwa bei der
Ausbildung und Sozialisation von Fachvertretern, bei der Einstellung in
wissenschaftlichen Instituten sowie später bei der Förderung der Forschung, wie
bei der Vergabe von Forschungsgeldern, der Anstellung in wissenschaftlichen
Instituten oder bei der Ermöglichung von Publikationen: „What becomes clear in
this context is the extent to which methods currently serve as identity markers
for various fields, including as gatekeepers for doctoral students embarking on
comprehensive exams and dissertation research, graduating PhDs seeking jobs,
junior faculty seeking pro-motion and tenure, and all seeking research funding,
opportunities to present work in conferences, and publications outlets for
research. And the issues arise as well in teaching, curricular design, and
textbooks contents“ (Yanow/Schwartz-Shea 2014a [2006]: 421-422). Die
Methodologie führt also intern zur Entstehung von Schulen sowie von
professionellen Grenzen (professional boundaries). Diese Debatten als
Fetischismus abzulehnen, würde bedeuten, dass man die verschiedenen
tatsächlichen oder nur behaupteten Inkommensurabilitäten zwischen
unterschiedlichen wissenschaftlichen Schulen und Traditionen sowie die
konstruierten, individuellen und professionellen Identitäten verdeckt.
Es können also grundsätzlich zwei verschiedene Bedeutungen voneinander
abgegrenzt werden: Die endogene Bedeutung der Methodologie liegt darin,
wissenschaftlich legitimiertes Wissen von anderen Formen von Erkenntnissen zu
unterscheiden. Die exogene Bedeutung der Methodologie steuert die
Sozialisation sowie Kooptation von neuen Mitgliedern im Wissenschaftssystem,
trägt weiterhin zur Förderung der Forschung und zur Entwicklung der Gesellschaft
bei.
Über die Relevanz etwa von lebensweltlichen, religiösen oder
weltanschaulichen Formen der Erkenntnisgenerierung wird damit nichts ausgesagt,
weder eine Auf- noch eine Abwertung sollten in der Regel damit verbunden werden.
Die pejorative Abwertung als „Pseudowissenschaft“ von Erkenntnissen, die nicht
nach den methodologischen Vorgaben einer Schule gemacht werden, etwa im
Kritischen Rationalismus, ist weit verbreitet. Unter Pseudowissenschaft werden
nicht zuletzt auch Erkenntnisse von Wissenschaftlern aus anderen Schulen
subsumiert. Weiterhin kann innerhalb von methodologischen Untersuchungen weder
über den Wert der Wissenschaft diskutiert werden noch können Argumente für oder
gegen eine Verwissenschaftlichung der Politik untersucht werden.
In dieser Untersuchung steht vor allem der instrumentelle Charakter
der Methodologie für die Generierung und Legitimation von Wissen (endogene
Bedeutung) zur Diskussion. Ihre Relevanz für die Sozialisation von Forschern und
die Förderung von Forschung (exogene Bedeutung) wird nicht behandelt.
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1.1.2 Grundlagen wissenschaftlicher Forschung: Axiologie, Epistemologie,
Methodologie und Ontologie |
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Epistemologie, Methodologie und Ontologie bilden die „heilige Dreifaltigkeit“
der Wissenschaft, die insbesondere innerhalb der Wissenschaftstheorie oder
-philosophie behandelt werden: „‘[M]ethodology’ often appears as one member in a
trio from the philosophy of science, the two others being ‘ontology’ and ‘epistemology’.
These are the three musketeers of metaphysics“ (Moses/Knutsen 2012 [2007]: 4).
Für die Einzelwissenschaften ist die Methodologie, darin besonders die Methodenebene
(1. Schaubild), das Lieblingskind, Epistemologie, wird noch als
notwendiges Übel irgendwie akzeptiert. Die Ontologie ist eindeutig das Stiefkind, das vor allem im 20. Jahrhundert von vielen (neo)positivistischen und
naturalistischen Wissenschaftsphilosophen oder Szientisten in den Einzelwissenschaften gerne als obsolet
abgetan wurde, seit den 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts ändert sich dies
auch in der Politikwissenschaft sehr langsam (Hay 2011 [2009]).
Jonathon W. Moses und Torbjørn L. Knutsen analysieren epistemologische,
methodologische und ontologische Fragestellungen in Bezug auf deren Bedeutung
für die politikwissenschaftliche Forschung und betrachten sie vor allem mit
einer
epistemischen Brille. So lautet der Titel ihres Buches „Ways of Knowing.
Competing Methodologies in Social and Political Research“ (Moses/Knutsen 2012
[2007]), dies macht sich bei dessen Gliederung und der Erörterung im Buch
deutlich bemerkbar. Moses und Knutsen versuchen beide Positionen, sie sprechen
von Naturalismus versus Konstruktivismus, objektiv darzustellen, d.h., dass
sowohl die Möglichkeiten als auch die Grenzen beider Methodologien analysiert
werden. Das zweite wichtige Ziel ist, methodologische Brücken (Methodological
Bridge-building, Moses/Knutsen 2012 [2007]: 302) zwischen Naturalismus und
Konstruktivismus zu bauen.
Axiologische Fragestellungen werden im Methodenstreit genauso unerbittlich
diskutiert. Daher werden sie in einigen Methodologiebüchern völlig zu Recht an
der Seite von epistemischen, methodologischen und ontologischen Fragen angeführt
(Creswell 2013 [1998]: 21). Dabei geht es vor allem darum, ob es eine Trennung
zwischen Sein und Sollen gibt. Szientisten bejahen dies mit Verweis auf Weber
(1973c [1904] und
1973e [1919]), Interpretivisten und Perestroikans verneinen
dies, ohne überhaupt geschweige denn tragfähige Begründungen anzubieten.
Weiterhin wird ebenso kontrovers diskutiert, inwieweit eine Wertgeladenheit (value
laden) wissenschaftlicher Forschung gegeben ist oder Werte als
erkenntnisleitende Interessen (Habermas 1968c) Forschung beeinflussen oder
nicht. Generell geht es bei axiologischen Fragen darum, wie man mit Wertfragen
verfährt und welche Rolle praktische Fragestellungen einnehmen sollten.
Die Szientisten, die auch unter anderen Namen firmieren wie Sozialwissenschaftler (social/political scientists), Naturalisten, Positivisten
oder Neo-Positivisten, konzentrieren sich vor allem auf die Methodenebene im
engeren Sinn (1. Schaubild) und behandeln wissenschaftstheoretische
Grundlagen eher stiefmütterlich. Diese Fragen, die in der zweiten Hälfte des 19.
und ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts im Vordergrund standen, wurden in den
Hintergrund gedrängt. In den Vordergrund traten Auseinandersetzungen auf der
Methodenebene und zwar genauer zwischen den Vertretern von quantitativen und
denen von qualitativen Methoden.
Die Bedeutung wissenschaftstheoretischer Fragen wird nicht nur von den
phronetischen Perestroikans, sondern auch von den Interpretivisten (interpretivists)
wieder hervorgehoben: „Treating methods as self-standing ‘tools’ apart from the
presupposed ontological and epistemological positions that inform and shape
them denigrates their significance and denies them their character“ (Yanow/Schwartz-Shea
2014a [2006]: 425, Bevir 2010 [2008],
Moses/Knutsen 2012 [2007],
Bevir/Rhodes
2016a, Bevir/Blakely 2016).
In dieser Arbeit liegt der Schwerpunkt auf der Methodologie und nicht auf der
Methodenebene, so dass alle Fragestellungen mit einer wissenschaftstheoretischen
(axiologischen, epistemischen, methodologischen und ontologischen) Brille
betrachtet werden. Dies ist anhand der inhaltlichen Gliederung deutlich
sichtbar: Alle Fragen werden hier auf zehn vertikalen Ebenen (1. Schaubild) sowie auf drei horizontalen Ebenen (2. Schaubild) erörtert.
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1.1.3 Das aristotelische Organon: Möglichkeiten und Grenzen
wissenschaftlicher Methodologie |
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Platon und Aristoteles können als die beiden Gründungsväter der
Politikwissenschaft bezeichnet werden. Dies gilt sowohl für inhaltliche
Fragestellungen des Faches als auch für die in dieser Arbeit wichtigen
axiologischen, epistemischen, methodologischen und ontologischen
Fragestellungen, d.h. eher formalen, wissenschaftstheoretischen Fragestellungen. Dabei genießt Aristoteles bei empirisch orientierten Politikwissenschaftlern ein
höheres Ansehen. Aus methodologischer Sicht kann das aristotelische Organon als
erstes Methodologiebuch betrachtet werden. Aristoteles hat in seinem Organon
(Quellen: Aristoteles 1920 [4. Jahrhundert v. Chr.]. Im Internet auf „Meine
Bibliothek – zeno.org“ (Permalink: http://www.zeno.org/nid/20011779470) gibt es
eine andere Übersetzung, der Übersetzer wird indes nicht genannt, vgl.
Aristoteles: Organon, Permalink: http://www.zeno.org/nid/20009145680), aber auch
in vielen anderen Teilen seines Werkes (über die Verteilung von methodologischen
Erörterungen innerhalb des aristotelischen Werkes siehe
Höffe 2006 [1996]: 37
ff.) systematisch alle rationalen oder wissenschaftlichen Werkzeuge, mit deren
Hilfe in der Antike der Sprung vom Mythos zum Logos bewerkstelligt wurde,
unparteiisch, objektiv und sachlich, d.h. frei von Aufregung, Erregung und
Leidenschaft, kurz ohne Zorn und Eifer, erörtert (sine ira et studio). Dabei hat
er insbesondere die Möglichkeiten und Grenzen wissenschaftlicher Methodologie
oder Werkzeuge im weiteren Sinne (axiologische, epistemische und ontologische
Voraussetzungen) sowie im engeren Sinne (Kategorien, Logik (Syllogismus),
Dialektik, Rhetorik) erkundet.
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1.1.4 Ausufernde wissenschaftstheoretische Diskurse und eine unüberschaubare
Vielfalt von wissenschaftlichen Werkzeugen |
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Am Beginn des 21. Jahrhunderts gibt es eine unüberschaubare Vielfalt von
wissenschaftlichen Werkzeugen (Begriffe, Sätze, Theorien, Logiken,
Argumentationsweisen, Methoden und methodische Ansätze) sowie Diskursen über
wissenschaftstheoretische Grundlagen und Voraussetzungen wissenschaftlicher
Arbeit (etwa über Aufgaben, Grenzen, Voraussetzungen, Kriterien und
Eigenschaften wissenschaftlicher
Forschung) sowohl innerhalb der Wissenschaftsphilosophie (Philosophy of Science)
als auch innerhalb der Sozialwissenschaften, nicht zuletzt speziell der
Politikwissenschaft.
Mehrere verschiedene Vorgehensweisen, aber auch Einstellungen können innerhalb
der Politikwissenschaft am Anfang des 21. Jahrhundert in diesem Zusammenhang
beobachtet werden:
- A. Ignoranz gegenüber methodologischen Fragen, „just do it“-Pragmatik
- B. methodologische Kärrnerarbeit im Normalmodus
- C. methodologische Glaubenskriege im Revolutionsmodus
- D. pluralistischer Habitus und reduktionistische Praktiken
A. Ignoranz gegenüber methodologischen Fragen, „just do it“-Pragmatik
Methodologische Fragen werden seit dem Entstehen der modernen
Sozialwissenschaften von vielen empirischen Wissenschaftlern als notwendiges
Übel, wenn nicht gar als überflüssig erachtet, eine als pragmatisch
gekennzeichnete Haltung („just do it“-Pragmatik) gepaart mit einer Ignoranz
gegenüber methodologischen Fragestellungen bestimmt das Handeln diesbezüglich
wahrscheinlich auch bei einer überwiegenden Mehrheit der Politikwissenschaftler:
„Their motto is, once again: ‘just do it’ (Barry 1970, v; Dryzek 2005)“ (Goodin
2011b [2009]: 29). Weiter heißt es: „But the vast majority of political
scientists whose main concern lies elsewhere are generally nonplussed. They do
obeisance to the reigning ‘big thing’ in their opening paragraphs, but then they
get down to business in pretty much the same way they would have done under any
alternate regime“ (Goodin 2011b [2009]: 30-31).
Wer dieser Haltung eine höhere Weihe verleihen will, kann, allerdings
unbegründet, sogar einen Klassiker wie Weber zitieren: „[D]ies alles läßt den
Wunsch entstehen, es möge die heutige Mode, daß jede Anfängerarbeit mit
erkenntnistheoretischen Untersuchungen geziert werden muß, recht bald wieder
aussterben“ (Weber 1973b [1903-1906]: 127). Diese Bemerkung bezog sich in einer
Fußnote auf die Arbeiten von Dr. Biermann. Weber ist ein Klassiker der
Sozialwissenschaften nicht zuletzt deshalb, weil er erstens bleibende Beiträge
zur Methodologie der Sozialwissenschaften lieferte und zweitens in seinen
empirischen Arbeiten die methodologischen Vorgaben auch umsetzte, daher sollte
man diese kritischen Bemerkungen nicht überbewerten und den Kontext ihrer
Entstehung und Verwendung genau beachten.
B. Methodologische Kärrnerarbeit im Normalmodus innerhalb von
verschiedenen methodologischen Traditionen und Schulen
Methodologische Kärrnerarbeit wird vor allem innerhalb von verschiedenen
methodologischen Traditionen oder Schulen innerhalb dieser Traditionen
betrieben, ohne diese Arbeit wäre der enorme methodologische Fortschritt des
letzten Jahrhunderts nicht möglich gewesen. Die platonisch-galileische
Tradition, die einen methodologischen Reduktionismus pflegt und sehr homogen
ist, wird in der Regel zuerst vorgestellt. Danach folgt die aristotelische
Tradition, die einen methodologischen Pluralismus vertritt und sehr heterogen
ist. Hieraus wird nur auf eine Schule, die Perestroikans, ausführlich
eingegangen. Die Unterscheidung in platonisch-galileische versus aristotelische
Tradition oder anders ausgedrückt methodologischer Reduktionismus versus
methodologischer Pluralismus knüpft an die Arbeiten von Georg Henrik
von Wright
(1974 [1971]) an und wurde von mir anderswo weiterentwickelt (Lauer 2013).
„The Oxford Handbook of Political Methodology“ (Box-Steffensmeier/Brady/Collier, 2010a [2008], im Folgenden immer nur als „Political Methodology“
zitiert)
bietet zurzeit den herausragendsten Überblick über die naturalistische,
positivistische oder szientistische Methodologie des Faches, die sich an den
Naturwissenschaften
orientiert, als Teil der Sozialwissenschaften (social sciences) versteht und vor
allem mit Experimenten, logisch-mathematischen Argumentationsweisen,
quantitativen und qualitativ-mathematischen (qualitativ-positivistischen)
Methoden sowie mit Modellen (insbesondere Rationalwahlmodellen) arbeitet.
Die Kritik an dieser szientistischen, platonisch-galileischen Tradition kam
schon seit dem 19. Jahrhundert von den Wissenschaftlern, die sich an den
Geistes- und
Kulturwissenschaften (Humanities, human sciences) anlehnen, sprachliche,
hermeneutische, (post)strukturalistische oder interpretative
Argumentationsweisen sowie qualitativ-interpretative Methoden und methodische
Ansätze bevorzugten (Dilthey 1922 [1883],
Rothacker 1926,
Rickert 1910 [1896],
Windelband 1900 [1894],
Gadamer 2010 [1960],
Garfinkel (1967), Glaser/Strauss
1967, Foucault 1971 [1966] und
1995 [1969],
Geertz 1983 [1973]),
Giddens (1984
[1976]), Bodammer 1987,
Denzin/Lincoln 1994,
Creswell 2013 [1998],
Flick/von
Kardorff/Steinke 2015 [2000],
Blatter/Janning/Wagemann 2007,
Yanow/Schwartz-Shea
2014 [2006], Bevir/Rhodes 2016a).
Gegen die naturalistische Methodologie der Szientisten begehrt nun am Beginn des
21. Jahrhunderts noch eine neue methodologische Schule innerhalb der
aristotelischen Tradition auf. Diese Schule versteht sich als phronetische
Politik- oder Sozialwissenschaft (phronetic political/social science, Flyvbjerg
2001 und
2006,
Schram/Caterino 2006) oder als echte, reale Sozialwissenschaft (real social science,
Flyvbjerg/ Landman/Schram 2012a). Die phronetischen Wissenschaftler übernehmen
Argumente und beziehen sich zwar auf die aristotelische Tradition, sehen sich,
was ihre
humanistischen Wertvorstellungen betrifft, aber als Teil der
Perestroika-Bewegung und plädieren für eine eigenständige, echte, reale
Sozialwissenschaft. Einen ersten
Überblick über die Vielfalt der Perestroika-Bewegung ermöglicht der Band
„Perestroika! The Raucous Rebellion in Political Science“ (Monroe 2005). Eine
Evaluation wurde auch schon in diesem Band vorgenommen, 2015 folgte in der
Zeitschrift Perspectives on Politics eine weitere Evaluation (Gunnel
2015a und
2015b,
Farr 2015,
Laitin 2015,
Monroe 2015 und
Schram 2015).
Es muss hervorgehoben werden, dass die Kärrnerarbeit sich fast ausschließlich
innerhalb der beiden Traditionen vollzieht. Die Vertreter dieser beiden
Traditionen stehen in der Regel in keiner konstruktiven Auseinandersetzung mit
Vertretern der anderen Tradition, sondern führen mit ihnen einen unproduktiven,
wissenschafts-theoretischen Glaubenskrieg.
C. Methodologischer Glaubenskrieg im Revolutionsmodus. Die Kontrahenten im
„Methodenstreit“ innerhalb der Politikwissenschaft am Anfang des 21.
Jahrhunderts: szientistische Politikwissenschaftler versus phronetische
Perestroikans
Methodologische Auseinandersetzungen innerhalb der Politikwissenschaft
können bedenkliche Züge annehmen, so diagnostiziert Klaus Gustav Heinrich von
Beyme einen „Glaubenskrieg mit manichäischen Zügen der Frontverhärtung“ (von
Beyme 2000 [1972]: 142). Dabei bezog er sich auf die methodologischen
Auseinandersetzungen während der sogenannten „behavioral revolution“ in den
50er und 60er Jahren sowie der „rational choice revolution“ seit den 70er Jahren
des 20. Jahrhunderts.
Glaubenskriege mit manichäischen Zügen sind auch am Anfang des 21. Jahrhunderts
leider nicht verschwunden. Genauso äußert sich Robert Edward Goodin, ein
Repräsentant des szientistischen Establishments. In seinem „State of the
Discipline, the Discipline of the State“ hält auch er fest, dass
Auseinandersetzungen innerhalb der Politikwissenschaft oft eine manichäische
Form annehmen: „Manichean, Good versus Evil form“ (Goodin 2011b [2009]: 10).
Dies gilt leider auch für die Auseinandersetzungen über die adäquate
Methodologie.
Die Szientisten (3. Schaubild) sprechen in der Regel ihren Kontrahenten
die Wissenschaftlichkeit schlicht ab: „Amerikanische Wissenschaftler haben aber
vielfach alle konkurrierenden Ansätze [gemeint sind hier alle Ansätze außer dem Rational-Choice-Ansatz] auf den Status eines inferioren Journalismus
herabgedrückt“ (von Beyme 2000 [1972]: 148). In diese Richtung gehen von den
disziplinierten Politikwissenschaftlern (disciplined political scientists) auch
andere, subtilere Herabwürdigungen, die Kollegen werden nicht als
Wissenschaftler, sondern nur als Theoretiker angesehen. Weiterhin werden diese
dazu noch als fröhlich und undiszipliniert bezeichneten Theoretiker nicht
innerhalb der wissenschaftlichen Abteilungen des sozialwissenschaftlich
orientierten Faches, sondern in die Geistes- und Kulturwissenschaften
(Humanities) eingeordnet: „Political theory is an interdisciplinary endeavour
whose centre of gravity lies at the humanities end of the happily still
undisciplined discipline of political science“ (Dryzek/Honig/Philips 2009: 62,
siehe ebenda political scientist versus political theorist S. 63).
Die Ablehnung und Abwertung anderer axiologischer, epistemischer und
ontologischer Grundannahmen sowie methodologischer Vorgehensweisen ist die eine
Strategie der Szientisten in diesem Glaubenskampf. Damit einher geht zweitens
auch eine Ablehnung oder wenigsten Abwertung von sprachlich-hermeneutischen oder
sprachlich-interpretativen Argumentationsweisen, Methoden und methodischen
Ansätzen.
„Die Politikwissenschaft ist die einzige Sozialwissenschaft, in der die
Geschichte vergangener Theorien eine besondere Rolle spielt. ‚Dogmengeschichte‘
in der Ökonomie wurde dagegen zum Nebenfach für ‚Märchenklausuren‘ – neben dem
harten Geschäft der quantifizierenden Ökonomie“ (von Beyme 2002: 14). Diese
Unterteilung dürfte auch für die Ökonomie überzeichnet sein, sie trifft aber im
Kern eine Teilung des Faches, das es so auch innerhalb der Politikwissenschaft
insbesondere in den USA seit der Entstehung der Politikwissenschaft gibt und
auch heute noch Bestand hat. Während auch die Wirtschaftsgeschichte eher in den
historischen Departements betrieben wird, versuchen szientistische
Politikwissenschaftler auch die
Ideengeschichte, Politische Philosophie und generell alle „Theoretiker“, die
„nur“ mit sprachlich-interpretativen Argumentationsweisen und
qualitativ-interpretativen
Methoden arbeiten, in die Humanities abzuschieben und den Status eines
Wissenschaftlers nur für die zu beanspruchen, die nach Kausalitäten suchen oder
welche identifizieren wollen.
Die Gegner der Szientisten (die Geistes- und Kulturwissenschaftler,
Konstruktivisten, Anti-Positivisten, Hermeneutiker, Interpretivisten,
Strukturalisten oder Post-Strukturalisten, phronetische Perestroikans, human scientists,
4. Schaubild) reagieren ihrerseits mit überzogenen und
teilweise unberechtigten Kritiken. Während die Szientisten die Gegner oft nicht
ernst nehmen oder gleich ganz ignorieren, beginnen die Interpretivisten immer
damit einen naturalistischen oder positivistischen Pappkameraden aufzubauen, der
dann leicht widerlegt werden kann. Sie lehnen nicht nur die positivistischen und
naturalistischen Grundannahmen für die Erkundung der politischen und sozialen
Welt ab, sondern ebenso werden die logisch-mathematischen Werkzeuge als
ungeeignet bezeichnet. Dies sind im Wesentlichen die wichtigsten Argumente, aus
denen die Forderung nach einer Wende in den Human- und Sozialwissenschaften
abgeleitet sowie die Notwendigkeit einer post-positiven Politikwissenschaft
postuliert wird.
Weiterhin weisen sie vor allem auf die angeblich fehlende öffentliche Relevanz (Flyvbjerg,
2001), sterile Methodenorientierung (Green/Shapiro 1999 [1994]) oder weltfremde
Selbstbezogenheit in Form eines methodischen Scholastizismus (Mead 2010) des
Faches hin. Da ist es nicht verwunderlich, dass Bent Flyvbjerg, einer der
Repräsentanten der Perestroika-Bewegung (Flyvbjerg 2006: 56), von einem
Wissenschaftskrieg („science war“,
Flyvbjerg 2001: 1) spricht.
Die Frontbildung, die zu einem Glaubenskrieg ausgeartet ist, hat sich seit dem
19. Jahrhundert aufgrund der Orientierung einiger Wissenschaftler innerhalb der
Sozialwissenschaften an den Naturwissenschaften sowie der Abwehr anderer gegenüber solchen Bestrebungen ergeben.
Das Kuhn-Narrativ, d.h. die Benutzung der Wissenschaftsphilosophie von Thomas
Samuel Kuhn (1976 [1962]) zur Erklärung des Fortschritts innerhalb der
Wissenschaften, wirkt sich wie ein Brandbeschleuniger aus, da es von beiden
Seiten dahingehend benutzt wird, nicht nur die eigene Überlegenheit gegenüber
dem Kontrahenten zu beweisen, sondern auch den Kontrahenten als von gestern
darzustellen. Damit wird eine sinnvolle Auseinandersetzung zwischen
Wissenschaftlern mit unterschiedlichen wissenschaftstheoretischen Grundannahmen
von vornherein unmöglich gemacht.
Es ist schon erstaunlich, dass Wissenschaftler, die, sofern sie als „normale“
Wissenschaftler agieren, vorbildlich die endogenen Werte der
Wissenschaftsgemeinschaft (scientific community, communis opinio doctorum) sowie
die dafür nötigen Werkzeuge anwenden, sich in Glaubenskrieger verwandeln, wenn
sie als revolutionäre Bannerträger agieren, die nur ein Ziel kennen – alle
methodologischen Gegner mit allen verfügbaren Mitteln zu erledigen. Dabei kann
meiner Meinung nach im Revolutionsmodus auch eine Geld- oder Machtorientierung
(power- and money-driveness) identifiziert werden, d.h., dass es um materielle
Ressourcen geht, um Anerkennung, Publikationsmöglichkeiten,
Karrieremöglichkeiten etc. Dies ist nicht zuletzt deshalb der Fall, weil heute
die existentielle, sozioökonomische Lage der überwältigenden Mehrheit der
Politikwissenschaftler seit entstehen der Politikwissenschaft in den USA sehr
prekär ist. Weber sprach schon Anfang des 20. Jahrhundert davon, dass die Lage
vieler Gelehrter und Wissenschaftler in Deutschland genau wie in den USA
„ähnlich prekär wie jede ‚proletaroide‘ Existenz“ sei (Weber 1973e [1919]: 584
[526]). Aristoteles demgegenüber hatte persönlich mit solch existenziellen oder
wirtschaftlichen Problemen nicht zu kämpfen.
„Würde man die Sozialwissenschaft nicht als Wettkampf zwischen konkurrierenden
Ansätzen betrachten, in dem nur einer gewinnen kann, sondern als gemeinsames
Unternehmen, bei dem verschiedene Erklärungen sich gegenseitig bedingen und
voranbringen, dann könnte die Lagermentalität, die zu einer methodologisch
defizitären Forschung führt, vielleicht in Schach gehalten werden“ (Green/Shapiro
1999 [1994]: 239). Dieser Aufruf aus dem letzten Jahrhundert ist bisher leider
ein frommer Wunsch geblieben, wie der Glaubenskrieg am Beginn des 21.
Jahrhunderts zwischen den Szientisten (King/Keohane/Verba 1994,
Brady/Collier
2010 [2004], Box-Steffensmeier/Brady/Collier, 2010a [2008]) auf der einen sowie
den phronetischen Perestroikans (Flyvbjerg 2001,
Schram/Caterino 2006,
Flyvbjerg/Landman/Schram
2012a), den Interpretivisten (Rosenthal 2014 [2005],
Kleemann/Krähnke/Matuschek
2009, Yanow/Schwartz-Shea 2014 [2006],
Bevir/Rhodes 2016a,
Münch 2016) oder
qualitativen Forschern (Denzin/Lincoln 1994,
Creswell 2013 [1998],
Flick/von
Kardorff/Steinke 2015 [2000],
Blatter/Janning/Wagemann 2007) auf der anderen
Seite beweist.
Aufgrund dieser Auseinandersetzungen im Revolutionsmodus kommt es zu
mannigfachen Missverständnissen, die ein Aneinandervorbeireden geradezu
notwendig bedingen. Da die ersten methodologischen Streitigkeiten im 19.
Jahrhundert im deutschen Sprachraum stattfanden, wird nicht nur darauf Bezug
genommen, sondern das Wort „Methodenstreit“ hat auch Eingang in die englische
Sprache gefunden und wird heute noch in recht eigenwilliger Umwandlung,
kleingeschrieben dazu grammatikalisch falsch, verwendet: „[H]arking back to the
methodenstreiten“ (Hawkesworth 2006: 152). Auch andere angelsächsische Autoren
gebrauchen das deutsche Wort (Caterino/Schram 2006: 11).
D. Pluralistischer Habitus und reduktionistische Praktiken
Pluralismus ist ein Wert, den heute kaum ein Politikwissenschaftler in Frage
stellt, auch wenn man, wie die szientistischen und phronetischen Reduktionisten,
genau das Gegenteil praktiziert. Kurz gesagt: Die Kontrahenten dieses
methodologischen
Glaubens- oder Wissenschaftskrieges legen ständig einen pluralistischen Habitus
an den Tag, auch wenn sie täglich eine reduktionistische Agenda verfolgen oder
umsetzen.
Der Hang zur „Lagermentalität“ (Green/Shapiro 1999 [1994]: 239) wird über die
Lagergrenzen hinaus abgelehnt. Man bedauert immer wieder, wenn in einem
Entweder-oder-Modus debattiert wird. Dies gilt nicht nur für die beiden großen
Auseinandersetzungen, die die Neomarxisten (Caucus for a new Political Science)
in den 60er und 70er Jahren sowie die Perestroikans am Beginn des 21.
Jahrhunderts
begonnen haben, sondern auch für sehr viele andere Debatten: „[T]here is a
remarkable penchant for representing the options in ‘either-or’ fashion.
Behavioralist or traditionalist, structure or agency, ideas or interests,
realist or idealist, rationalist or interpretivist: you simply have to choose,
so we are constantly told. On all those
dimensions and many others as well, the only proper response is to refuse to
choose. Respond insistently, ‘Both!’“ (Goodin 2011b [2009]: 10). Goodin
konzediert auch den Perestroikans, dass sie auch eine pluralistische Ideologie
propagieren: „This is also the official ideology, if not always practice, of the
Perestroika movement“ (Goodin 2011b [2009]: 10, Fußnote 19 mit Verweis auf
Schram 2003: 837).
Diesem pluralistischen Anspruch wird aber die elfbändige Reihe „The Oxford
Handbook of Political Science“ (Goodin 2011a [2009]) nicht immer gerecht, die
Goodin als Generalherausgeber (general editor) betreute. Insbesondere in dem
Band „Political Methodology“ (Box-Steffensmeier/Brady/Collier, 2010a [2008]),
der für diese Untersuchung die höchste Relevanz hat, wird ein methodologischer
Reduktionismus dadurch praktiziert, dass nur die logisch-mathematische
Methodologie ausführlich vorgestellt wird. Die sprachlich-interpretative
Methodologie zur Deutung von Sinnzusammenhängen wird ignoriert, so als ob es
sie nicht gäbe. Eingang fanden in diesen Band, der einen Überblick über die
gesamte politikwissenschaftliche Methodologie zum Ziel hat, nur Methodologien,
die für das Kausaldenken wichtig sind. Dabei werden zwar
qualitativ-mathematische Methoden erläutert, aber keine qualitativ-interpretativen Methoden, obwohl es seit Jahrzehnten eine Fülle von
solchen Methoden gibt und diese auch genutzt werden (Denzin/Lincoln 1994,
Flick/von Kardorff/Steinke 2015 [2000],
Blatter/Janning/Wagemann 2007,
Creswell
2013 [1998],
Yanow/Schwartz-Shea 2014 [2006],
Bevir/Rhodes 2016a).
Auch Bent Flyvbjerg (2001) begründet sein Plädoyer für eine phronetische, reale Sozialwissenschaft nicht zuletzt dadurch, dass er vor allem auf den
prinzipiellen
Unterschied zwischen Natur- und Sozialwissenschaften hinweist. Weiterhin wird er
nicht müde, die praktische Bedeutungslosigkeit oder Irrelevanz von quantitativer
Methodologie zu betonen, die Grenzen deduktiver Argumentationsweisen
aufzudecken sowie die Überlegenheit von induktiven Argumentationsweisen
hervorzuheben.
Am Ende des ersten Teiles stellt er dann plötzlich fest: „To amputate one side
in these pairs of phenomena into a dualistic ‘either-or’ is to amputate our
understanding. Rather than the ‘either-or’, we should develop a non-dualistic
and pluralistic ‘both-and’. Hence, we should not criticize rules, logic, signs,
and rationality in themselves. We should criticize only the dominance of these
phenomena to the exclusion of others in modern society and in social science.
Conversely, it would be equally problematic if rules, logic, signs, and
rationality where marginalized by the concrete, by difference, and by the
particular. This later problem, however, is presently far less pressing than the
former“ (Flyvbjerg 2001: 49). Da fragt man sich verdutzt, warum dann das
Plädoyer für eine phronetische Revolution, die ja erst eine echte, reale
Sozialwissenschaft (real social science) ermöglichen soll. Ergänzende
Überlegungen hätten es doch auch getan.
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In dieser Arbeit sollen drei umfangreiche Fragestellungen bearbeitet werden:
1.2.1 Der „Methodenstreit“ oder der methodologische Glaubenskrieg
innerhalb der Politikwissenschaft
- A. Welches sind die Kontrahenten im methodologischen Glaubenskrieg?
- B. Welche unterschiedlichen axiologischen, epistemischen, methodologischen
oder ontologischen Voraussetzungen oder Vorgehensweisen bevorzugen die
Kontrahenten?
- C. Welches sind die wichtigsten Begrifflichkeiten und Streitpunkte im
„Methodenstreit“ am Beginn des 21. Jahrhunderts?
- D. Welche Defizite und Missverständnisse bestimmen die Debatte?
- E. Welche Begriffe und Vorgehensweisen sind geeignet, die Entwicklung der
Methodologie am besten zu rekonstruieren?
1.2.2 Überwindung des methodologischen Glaubenskrieges
- A. Wie kann der methodologische Glaubenskrieg überwunden werden?
- B. Welche Auswirkungen haben Axiologie, Epistemologie und Ontologie auf die
Methodologie?
- C. Welche wissenschaftstheoretischen (axiologischen, epistemischen und
ontologischen) Voraussetzungen können teilweise als implizite Annahmen
innerhalb der Methodologie identifiziert werden?
- D. Wie sieht eine wissenschaftstheoretische Differenzierung auf zehn
vertikalen und drei horizontalen Ebenen aus?
- E. Können strukturelle Unterschiede zwischen empirisch-interpretativen
(deskriptiven), empirisch-szientistischen (explanativen und prognostischen)
und praktischen (normativen, pragmatischen und technischen) Methodologien auf
verschiedenen Ebenen nachgewiesen werden?
- F. Besteht eine Komplementarität zwischen empirisch-interpretativen
(deskriptiven), empirisch-szientistischen (explanativen und prognostischen)
und praktischen (normativen, pragmatischen und technischen) Methodologien?
Oder anders ausgedrückt:
- G. Sind interpretative, szientistische und praktische Methodologien konträr
oder komplementär zueinander?
1.2.3 Schwerpunkt: Forschungsstand Wertfragen innerhalb der
Wissenschaft sowie praktische Methodologie
- A. Welches sind die wichtigsten axiologischen Differenzen oder praktischen
Auseinandersetzungen über Wertfragen innerhalb der Politikwissenschaft?
- B. Welches sind die Möglichkeiten und Grenzen der von Szientisten und
Phronetikern vertretenen praktischen Methodologien, der normativen
Rationalwahltheorie (normative rational choice theory) sowie der angewandten
Klugheit (applied phronesis)?
- C. Kann eine genuin praktische (normative, pragmatische und technische)
Methodologie eine angewandte Methodologie (normativer Rationalwahlansatz) und
eine problemorientierte Methodologie (angewandte Klugheit) umfassen?
- D. Kann eine genuin praktische (normative, pragmatische und technische)
Methodologie die Grundlagen für eine praktische Politikwissenschaft als Teil
einer „praktische[n] Sozialwissenschaft“ (Weber 1973c [1904]: 153) begründen?
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Folgende Ziele werden in dieser Abhandlung verfolgt:
- 1.3.1 „Methodenstreit“ oder methodologischer Glaubenskrieg innerhalb
der Politikwissenschaft: Erstens soll der „Methodenstreit“ dargestellt
werden. Dabei werden die Kontrahenten des methodologischen Glaubenskrieges und
der dabei zum Einsatz kommende Kuhn-Narrativ und dessen Begrifflichkeiten
erörtert sowie die auftretenden Defizite, Missverständnisse und Streitpunkte
mit Hilfe einer Ad-fontes-Rekonstruktion anhand von originalen Quellen
aufgezeigt. Weiterhin soll eine geeignetere Begrifflichkeit vorgestellt
werden, mit deren Hilfe man die Entwicklung der politischen Methodologie
besser rekonstruieren kann.
- 1.3.2 Überwindung des methodologischen Glaubenskrieges: Zweitens
wird gezeigt, dass es aufgrund der Komplexität der Thematik notwendig und
sinnvoll ist, die entscheidenden wissenschaftstheoretischen (axiologischen,
epistemischen, methodologischen oder ontologischen) Fragen idealtypisch auf
zehn vertikalen und drei horizontalen Ebenen zu erläutern. Erst durch eine
Steigerung der Komplexität kann der kontraproduktive Streit in eine
konstruktive Auseinandersetzung über Grenzen und Möglichkeiten
politikwissenschaftlicher Methodologie erfolgen. Dabei sollen erstens die
strukturellen Differenzen von empirisch-interpretativen (deskriptiven),
empirisch-szientistischen (explanativen und prognostischen) sowie praktischen
(normativen, pragmatischen und technischen) Methodologien nachgewiesen werden.
Danach wird deren Komplementarität begründet. Aufgrund dieser Komplementarität
ist eine gegenseitige Anerkennung statt ein Glaubenskrieg und damit eine
konstruktive Auseinandersetzung möglich.
- 1.3.3 Schwerpunkt: Forschungsstand Wertfragen innerhalb der
Wissenschaft sowie praktische Methodologie: Drittens möchte ich an den
Stand des methodologischen Wissens innerhalb der Politikwissenschaft mit den
eigenen methodologischen Überlegungen (Lauer
2013 und
1997) anknüpfen, dabei
vor allem die methodologischen Defizite der derzeitigen praktischen
Methodologie und zwar des normativen Rationalwahltheorie (normative rational choice theory) sowie der angewandten Klugheit (applied phronesis) aufzeigen.
Weiterhin soll die Notwendigkeit einer genuin praktischen (normativen,
pragmatischen und technischen) Methodologie dargestellt werden, da sich diese
auf zehn methodologischen Ebenen prinzipiell von einer empirischen
(deskriptiven, explanativen und prognostischen) Methodologie unterscheidet.
Solch eine praktische Methodologie kann die Grundlagen für eine praktische
Politikwissenschaft als Teil einer „praktische[n] Sozialwissenschaft“ (Weber
1973c [1904]: 153) begründen. Weiterhin sollen wichtige axiologische Fragen
etwa nach dem Einfluss von Wertfragen auf wissenschaftliche Ergebnisse oder
die Beziehung zwischen Politik und Wissenschaft erörtert werden.
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1.3.1 „Methodenstreit“: Begrifflichkeiten, Defizite, Kontrahenten,
Missverständnisse und Streitpunkte im methodologischen Glaubenskrieg, das
szientistische und das phronetische Kuhn-Narrativ |
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Im Zentrum der Arbeit steht der wissenschaftstheoretische (axiologische,
epistemische, methodologische und ontologische) Glaubenskrieg (science war)
oder der „Methodenstreit“ innerhalb der Politikwissenschaft am Beginn des 21.
Jahrhunderts zwischen dem szientistischen Establishment und den phronetischen
Perestroikans. Der Schwerpunkt auf der Methodologie rechtfertigt nicht
axiologische, epistemische und ontologische Fragen auszuschließen, im Gegenteil,
ohne eine Erörterung dieser Fragen kann man den Wissenschaftskrieg nicht adäquat
erörtern, weil solche Fragen die methodologische Vorgehensweise entscheidend
beeinflussen. Dieser seit dem 19. Jahrhundert bestehende Glaubenskrieg führt
dazu, dass die Kontrahenten vor allem deshalb aneinander vorbeireden, weil sie
die Positionen der Gegenseite teilweise vor allem ignorieren (Szientisten) oder
wie die Interpretivisten die ständigen methodologischen Entwicklungen nur
unzureichend wahrnehmen, daher einen Pappkameraden vorstellen und diesen
nebenbei erledigen. Die Ad-fontes-Rekonstruktion wurde seit dem 16. Jahrhundert
von Desiderius Erasmus von Rotterdam (1466-1536), Philipp Melanchthon
(1497-1560) und Martin Luther (1483-1546) als geisteswissenschaftliche Tradition
etabliert. Dabei geht es darum, wissenschaftliche Narrative mit Hilfe von
originalen Quellen zu legitimieren. Diese in den Geistes- und
Kulturwissenschaften seither fest etablierte Tradition wird paradoxerweise von
Wissenschaftlern ignoriert, die die sprachlich-interpretative gegenüber der
logisch-mathematischen Methodologie bevorzugen. Ziel dieser Abhandlung ist, die
Positionen der Szientisten anhand von szientistischen Handbüchern und deren
Klassikern zu rekonstruieren.
Beide Seiten bedienen sich der Wissenschaftsphilosophie von Thomas Samuel
Kuhn
(1976 [1962]), so dass ich von einem Kuhn-Narrativ spreche und zwar in zwei
Versionen: einem szientistischen und einem phronetischen Kuhn-Narrativ. Mit dem
Kuhn-Narrativ kann die bisherige methodologische Entwicklung nicht angemessen
erläutert werden. Mehr noch: Dieses Narrativ ist kontraproduktiv, da es wie ein
Brandbeschleuniger wirkt und entscheidend zu den vielen Missverständnissen in
der Auseinandersetzung beiträgt. Es soll gezeigt werden, dass die Arbeiten von Georg
Henrik von Wright (1974 [1971]) und Imre
Lakatos (1982 [1978]) besser geeignet
sind, die Entwicklung der wissenschaftlichen Methodologie seit dem Entstehen der
Wissenschaft darzustellen.
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1.3.2 Überwindung des „Methodenstreits“: axiologische, epistemische,
methodologische und ontologische Aspekte des methodologischen Glaubenskrieges
auf zehn vertikalen und drei horizontalen Ebenen |
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A. Partizipative Wissenschaftsphilosophie
„Die *Philosophie ist wie ein Lahmer, der ohne seine Stützen, die
*Wissenschaften, nichts bewegen kann. Und die *Wissenschaften sind wie Arbeiter
im Dunkeln, wenn sie nicht das Licht der *Philosophie benutzen, um die Wege zu
sehen, die sie mit dem Leben verbinden“ (Lorenzen 1974: 130). Auch wenn Lorenzen
übertreibt, wird die
Bedeutung von philosophischen oder wissenschaftstheoretischen, in der Regel
formalen Analysen bei weitem unterschätzt, während inhaltliche Beiträge von
Philosophen in der Regel überschätzt werden. Dies gilt analog auch innerhalb der
Wissenschaften.
Lorenzen überschätzt erstens die Möglichkeiten der Philosophie, zweitens
betreibt er in der Regel eine Wissenschaftsphilosophie im Philosophie-von-Modus
und nicht in einer Philosophie-mit-Modus. „In diesem Modus [Philosophie-von-Modus]
bleiben Philosophen mit ihrer Arbeit weitgehend außerhalb der Einzelwissenschaften. Dem
stellt Hansson die ‚Philosophie mit …’ gegenüber, womit er einen Modus des
Philosophierens in enger Zusammenarbeit mit Fachwissenschaftlern aus einer
Einzelwissenschaft meint. In diesem Modus betreiben Wissenschaftsphilosophen ihr
Fach nicht als Außenstehende, als Beobachter der Einzelwissenschaften, sondern
sind selbst aktive Teilnehmer im Theorieentwicklungsprozess der
Einzelwissenschaften. In dieser Perspektive ist das Ziel der
Wissenschaftsphilosophie nicht nur zu verstehen, was Wissenschaft ist und nach
Möglichkeit den Wissenschaftsbetrieb methodologisch zu verbessern. Vielmehr soll
auch ein inhaltlicher Beitrag zu den einzelwissenschaftlichen Fragestellungen
geliefert werden“ (Reydon/Hoyningen-Huene 2011: 136, siehe
Hansson 2008:
472-483). Diese Überlegungen werden unter dem Untertitel „Partizipative
Wissenschaftsphilosophie“ von Thomas A.C. Reydon und Paul Hoyningen-Huene
präsentiert.
Die zweite Position, Philosophie-mit-Modus, wird so zusammengefasst: „Andere
Autoren haben ein ambitionierteres Ziel: Ihrer Meinung nach sollte die
Wissenschaftsphilosophie ebenfalls anstreben, wissenschaftliches Wissen zu
produzieren. Die Wissenschaftsphilosophie wird hier zu einem interdisziplinären
Unternehmen und der Wissenschaftsphilosoph zu einem Forscher, der selbst am
Wissensproduktionsprozess der Einzelwissenschaften teilnimmt und diesen Prozess
in den Bereichen weiter fortsetzt, wo die Einzelwissenschaften selbst nicht
auftreten“ (Reydon/Hoyningen-Huene 2011: 136, siehe auch 140-141).
Eine enge Zusammenarbeit zwischen Philosophie und Einzelwissenschaft fordert
auch Mario Bunge: „Now a philosophy of x [x steht für jede beliebige
Einzelwissenschaft] should match x rather than be at variance with x, for only
then will it be able to (a) give an adequate (true) description of x, (b)
suggest fruitful avenues for the conduct of inquiry in x, and (c) participate
competently and effectively in philosophical controversies in or about x. We
call these the conditions of adequacy and fertility […]. But what does ‘match’
mean in this context? Loosely speaking, a philosophy Px of x matches x if Px
shares the ‘spirit’ or ‘attitude’ of x, deals with philosophical issues raised
be the actual practice of x, and makes use of scientific findings to construct
and check its own hypotheses“ (Bunge 1996: 10).
Logischer Positivismus und Erlanger Konstruktivismus können als
wissenschaftstheoretische Schulen angesehen werden, die im Philosophie-von-Modus
arbeiten. Die überwiegende Mehrheit der Wissenschaftsphilosophen des 20.
Jahrhundert hat hingegen ihre Überlegungen immer am Beispiel einer
Einzelwissenschaft erläutert, dabei dominiert die Physik (Popper 2005 [1934],
Kuhn 1976 [1962],
Feyerabend 1986 [1975],
Lakatos 1982 [1978]). In der zweiten
Hälfte des 20. Jahrhunderts erfolgte eine Hinwendung zur Biologie (Salmon 1989,
Vollmer 2002 [1975]), zur Medizin (Wieland 1986), einige am Beispiel der
Sozialwissenschaften (Topitsch 1967,
Adorno 1976 [1969],
Acham 1983,
Bodammer
1987, Salmon 1992,
Braun/Saam 2015) sowie mittlerweile auch am Beispiel der
Technikwissenschaften (Poser 2008a,
Kornwachs 2012). Im Folgenden werde ich kurz
darstellen, wie ich eine partizipative Wissenschaftsmethodologie am Beispiel
der Politikwissenschaften verstehe, betrieben habe und auch weiterhin betreiben
möchte.
B. Partizipative Wissenschaftsmethodologie am Beispiel der
Politikwissenschaft
Meine Kritik am Mainstream der Wissenschaften, insbesondere der
Politikwissenschaft, gemeint sind sowohl die Szientisten als auch die
Interpretivisten, ist dadurch entstanden, dass ein praktischer (normativer,
pragmatischer und technischer) Diskurs, der derzeitigen logisch-analytischen
Argumentationsstandards genügt, weder mit einer szientistischen noch mit einer interpretativen Methodologie möglich ist, weil dazu eine praktische (normative,
pragmatische und technische) und keine reduktionistische Methodologie notwendig
ist. Insbesondere am Beispiel der Europäischen Union und der sozialen Sicherheit
wurden wissenschaftliche Werkzeuge (Begriffe und methodische Ansätze) getreu
meinem Motto „Tradition und Fortschritt verbinden“ erläutert, expliziert,
präzisiert, rekonstruiert, neu entwickelt oder weiterentwickelt. Damit wird
Wissenschaftstheorie als partizipative Wissenschaftsmethodologie am Beispiel
konkreter Fragestellungen innerhalb der Politikwissenschaft betrieben (Lauer
1993 und
1998).
Methodologische Fragestellungen können meiner Meinung nach nur innerhalb
einer partizipativen Wissenschaftsmethodologie adäquat betrieben werden. Dies
bedingt, dass man sich erstens mit philosophischen oder
wissenschaftstheoretischen Fragestellungen auseinandersetzt (Lauer 2013);
zweitens den konkreten axiologischen, begrifflichen, epistemischen,
methodologischen und ontologischen Überlegungen
innerhalb eines Faches nachgeht, ich tue dies am Beispiel der
Politikwissenschaft (Lauer 1997); drittens an konkreten, paradigmatischen
Beispielen die erarbeitete
Methodologie anwendet, ich habe dies am ausführlichsten am Beispiel der sozialen
Sicherheit ausgearbeitet (Lauer 1998).
C. Die Notwendigkeit axiologische, epistemische, methodologische und
ontologische Fragestellungen idealtypisch auf zehn vertikalen und drei
horizontalen Ebenen zu behandeln
„Es wird versucht, die Abstraktionsebenen stärker zu sondern, als dies in den
meisten amerikanischen Darstellungen der Fall ist, bei denen Argumente der
meta-theoretischen, theoretischen, methodologischen und forschungstechnischen
Ebene häufig unvermittelt nebeneinander stehen. Es sei nicht verschwiegen, daß
dieser
Versuch gelegentlich auch etwas Künstliches an sich hat“ (von Beyme 2000 [1972]:
7). In Anlehnung an die Vorgehensweise von Klaus Gustav Heinrich von Beyme soll
hier versucht werden, die unterschiedlichen methodologischen Ebenen
wissenschaftlicher Diskurse voneinander zu trennen. Dabei wird das Ziel
verfolgt, die Komplexität und Vielfalt wissenschaftlicher Diskurse und deren
Methodologie aufzuzeigen, insbesondere indem die impliziten Annahmen und
Voraussetzungen kenntlich gemacht werden, die sich vor allem in der Wahl der
wissenschaftlichen Werkzeuge sowie auch in den vorausgesetzten
wissenschaftstheoretischen Grundlagen (axiologischen, epistemologischen,
methodologischen und ontologischen Grundüberzeugungen) zeigen. Die
Unterscheidung in verschiedene wissenschaftstheoretische Ebenen hat sicherlich
etwas Künstliches an sich und kann auch nur idealtypisch vorgenommen werden.
Trotzdem wird sie in der Hoffnung gemacht, dass sie nicht nur von didaktischem
Interesse ist, sondern sowohl für wissenschaftliche Analysen als auch für die
Evaluation von wissenschaftlichen Ergebnissen zentral ist. Die Unterscheidung
in zehn vertikale und drei horizontale Ebenen bildet sozusagen die gedankliche
Übersicht, eine Orientierung oder eine Topographie über die wissenschaftliche
Methodologie (logische Geographie, Ryle 2009 [1949], Orientierung im Denken oder
Topographie der Vernunft,
Kant 1977 [1786]). Die zehn vertikalen Ebenen bilden
auch die Gliederung, nach der fast alle folgenden Kapitel und Schaubilder
aufgebaut sind. In dieser Arbeit werden alle zehn Ebenen wissenschaftlicher
Diskurse systematisch dargestellt (1. Schaubild). Neben dieser vertikalen
Gliederung kommt noch eine horizontale Gliederung hinzu. Dabei zeigt sich, dass
es erstens zwischen empirisch-interpretativen (deskriptiven),
empirisch-szientistischen (explanativen und prognostischen) und praktischen
Methodologien strukturelle Unterschiede gibt und zweitens diese Methodologien
komplementär zueinander sind (2. Schaubild).
In dieser Abhandlung sollen drei unterschiedliche methodologische Traditionen
herausgearbeitet werden, zwischen denen eine methodologische Inkommensurabilität
feststellbar ist, d.h., dass jede Methodologie andere axiologische,
epistemische, methodologische und ontologische Voraussetzungen oder
Vorgehensweisen aufweist.
Einmal soll ein prinzipieller Unterschied zwischen einer empirischen
(deskriptiven, explanativen und prognostischen) Methodologie (6. Schaubild) und einer praktischen (normativen, pragmatischen und technischen)
Methodologie (7. Schaubild) aufgezeigt werden. Innerhalb der empirischen
Methodologie gibt es prinzipielle Unterschiede zwischen einer interpretativen
(empirisch-deskriptiven) (3. Schaubild) und einer szientistischen (empirisch-explanativen
und prognostischen) Methodologie (4. Schaubild, einen Überblick über
alle drei Methodologien findet man im
2. Schaubild).
Es macht aber keinen Sinn von verschiedenen Paradigmen innerhalb der
Politikwissenschaft zu sprechen, weil damit keine allgemeine Inkommensurabilität
verbunden ist. Die methodologische Inkommensurabilität führt nicht zu
unüberbrückbaren Diskontinuitäten, die ein sinnvolles Miteinander verhindern.
Genau dies müsste aber der Fall sein, wenn man von unterschiedlichen Paradigmen
spricht, wie dies dem Kuhn-Narrativ zufolge nötig wäre. Im Gegenteil, eine
praktische Methodologie ist auf die Ergebnisse, die mit einer empirischen
(deskriptiven, explanativen und prognostischen) Methodologie generiert werden,
geradezu zwingend angewiesen. Zur Generierung von politischem Wissen braucht man
daher alle drei Methodologien: einmal die empirisch-deskriptive Methodologie,
damit man sichtbare politische Phänomene (Erscheinungen) beschreibt, dann die empirisch-explanative und prognostische Methodologie, damit man die
unsichtbare
kausale Relation dieser Phänomene erklärt und Prognosen über die Zukunft macht.
Nur mit einer genuin praktischen (normativen, pragmatischen und technischen)
Methodologie können politische Normierungen und Regulierungen begründet werden.
Eine praktische Politikwissenschaft, die realistische Regulierungsvorschläge und
keine weltfremden Dystopien oder Utopien begründen will, ist dabei auf das
Wissen angewiesen, das mit Hilfe von empirisch-deskriptiven und
empirisch-explanativen Methodologien erarbeitet wurde (9. Schaubild).
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1.3.3 Schwerpunkt: Forschungsstand Wertfragen innerhalb der Wissenschaft
sowie genuin praktische Methodologie am Beginn des 21. Jahrhunderts |
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Die Möglichkeiten und Grenzen praktischer Methodologien stehen aufgrund
meiner wissenschaftlichen Interessen besonders im Fokus. Die Suche nach
wissenschaftlichen Antworten auf politisch-praktische Fragen bildet den Kern
meiner Arbeit. Empirische (deskriptive, explanative und prognostische) Antworten
nehme ich zur Kenntnis, mein Anspruch besteht aber darin, praktische (normative,
pragmatische, technische) Antworten mit praktischen Werkzeugen (Begriffen,
Sätzen, Theorien,
Logiken, Argumentationsweisen, Methoden und methodischen Ansätzen) zu
formulieren. Dabei ist es notwendig, vorhandene wissenschaftliche Instrumente zu
verwenden, einige weiterzuentwickeln sowie neue zu entdecken und zu begründen.
Die Möglichkeiten und Grenzen zweier praktischer Methodologien sollen daher
vorgestellt und kritisch evaluiert werden. Es soll sowohl die praktische
Methodologie der Szientisten (normative Rationalwahltheorie) als auch die der
phronetischen
Perestroikans (angewandte Klugheit) evaluiert werden. Innerhalb der sprachlich-interpretativen Methodologie
wird der praktischen Methodologie leider nur wenig
Aufmerksamkeit geschenkt, obwohl eine praxisnahe, problemorientierte Forschung (problem-based,
problem-driven research) vehement gefordert wird (Green/Shapiro 1994,
Shapiro
2005, Schram 2003 und
2005). Die phronetischen Perestroikans als eine von
mehreren interpretativen Schulen fordern nicht nur eine problemorientierte
Forschung, sondern haben mit der angewandten Klugheit auch einen methodischen
Ansatz formuliert, wie eine problemorientierte Forschung konkret umgesetzt
werden soll.
Das Ziel der neuzeitlichen Wissenschaft ist es, das menschliche Leben zu
bereichern (Bacon 1990 [1620]: 173, 81. Aphorismus, Teilband 1). Aufgrund der
Äquivalenz zwischen Kausalität und Handeln (Bacon 1990 [1620]: 80, 3.
Aphorismus, Teilband 1) kann man durch „Umkehrungen von Kausalsätzen“ (Weber
1973d [1917]: 529 [491]) oder durch „Umkehrung des fundamentalen
Erklärungsschemas“ (Popper 1984 [1972]: 367) Erkennen (Theorie) in Handeln
(Praxis), d.h. in Sozialtechnologie, umwandeln. Praktische Probleme könnten
demzufolge durch Umkehrung von Kausalsätzen gelöst werden, denn wahres Wissen
und effektives Handeln sind äquivalent (Bacon 1990 [1620]: 286, 4. Aphorismus,
Teilband 2).
Das szientistische Establishment meint mit einer normativen Rationalwahltheorie
(normative rational choice theory) nicht nur eine adäquate praktische
Methodologie im Angebot zu haben, sondern auch, dass diese die derzeit beste
praktisch-normative Methodologie sei (Hardin 2011 [2009]).
Die phronetischen Perestroikans bezweifeln die Problemorientierung der Szientisten und wollen mit einer angewandten Klugheit (applied phronesis) die
Politikwissenschaft revolutionieren und dazu beitragen, dass diese wieder mehr
öffentliche Relevanz bekommt: „Making Social Science Matter: Why Social Inquiry
Fails and How It Can Succeed Again“ (Flyvbjerg 2001), „Making Political Science
Matter“ (Schram/ Caterino 2006) und „Real Social Science. Applied Phronesis“ (Flyvbjerg/Landman/Schram
2012a) lauten die programmatischen Titel.
Weber unterscheidet zwischen einer empirischen und einer praktischen
Sozialwissenschaft (Weber 1973c [1904]). Auf die seit der Antike bestehende Unter-scheidung zwischen theoretischer und praktischer Philosophie verweist er
nur indirekt in einer Fußnote, in der er die Arbeit der Logiker des
Neukantianismus zustimmend hervorhebt (Weber 1973c [1904]: 146). Weber geht es
in seinen methodologischen Schriften vor allem um die Möglichkeiten und Grenzen
einer empirischen Wissenschaft. Die Grenzen, die er für empirische
Wissenschaften herausarbeitet, werden in der Regel bis heute von den Szientisten
akzeptiert.
Die Perestroikans genauso wie die meisten Interpretivisten hingegen lehnen eine
Trennung zwischen Sein und Sollen ab und gehen sogar noch einen Schritt weiter,
indem sie behaupten, dass die axiologischen Werte der Forscher und der
Erforschten geradezu notwendigerweise als erkenntnisleitende Interessen die
Forschung beeinflussen (Habermas 1968c).
Weitere wichtige Ziele dieser Arbeit betreffend Wertfragen sind, erstens die
axiologischen Auseinandersetzungen und deren Einfluss auf wissenschaftliche
Ergebnisse ausführlich darzustellen. Zweitens wird die Kritik der
Technikphilosophen (Bunge 1967b, Kornwachs
2008 und
2012,
Poser 2001) an einer
Umkehrung von Kausalsätzen erläutert, die Maximilian Carl Emil Weber und Karl
Raimund Popper noch für unproblematisch hielten. Drittens wird die Notwendigkeit
einer praktischen (normativen, pragmatischen und technischen) Methodologie
angeführt, die sich auf zehn Ebenen von einer empirischen (deskriptiven,
explanativen und prognostischen)
Methodologie unterscheidet.
Im Endeffekt soll die Möglichkeit und Notwendigkeit einer praktischen Politikwissenschaft, sicherlich auch praktischen Sozialwissenschaft, begründet
werden, die auf der von Weber aufgezeigten wissenschaftstheoretischen
Unterscheidung aufbaut. Diese praktische Methodologie begründet eine praktische
Politikwissenschaft, die zwar auch in der aristotelischen Tradition steht, mit
der von Wilhelm Hennis (1963) aber wenig gemeinsam hat. Weder der normative
Rationalwahlansatz der Szientisten noch die angewandte Klugheit der
Perestroikans oder die von Hennis bevorzugte
Topik werden abgelehnt, sie bilden aber nur recht kleine Teile einer wesentlich
umfassenderen praktischen (normativen, pragmatischen und technischen)
Methodologie.
Es gibt mehrere Modelle, wie man das Verhältnis zwischen praktischer Politik und
(Politik)Wissenschaft gestalten sollte. Die Szientisten neigen einem
technokratischen Modell zu, danach hat die Wissenschaft das letzte Wort. Hier
fällt sofort die fehlende demokratische Legitimation ins Auge. Während das
dezisionistische Modell zwar eine demokratische Legitimation hat, fehlt hier die
sachliche Expertise.
Jürgen
Habermas (1968b [1963]) hat ein pragmatisches Modell vorgeschlagen, das
die Vorteile des technokratischen und des dezisionistischen Modells vereinen
soll und die Nachteile überwinden könnte. In vielen Handbüchern über
Politikberatung (Falk/Rehfeld/Römmele/Thunert 2006,
Heidelberger Akademie der
Wissenschaften 2006,
Bröchler/Schützeichel 2008) wird dieses Modell nicht nur
erörtert, sondern von den meisten Wissenschaftlern wie auch den phronetischen
Perestroikans bevorzugt. Auch in der praktischen Politik wird es angewendet, so
greift die EU-Kommission ebenfalls auf das pragmatische Modell zurück und
plädiert für eine Demokratisierung der Expertise (democratising expertise) und
eine Verwissenschaftlichung der Demokratie (expertising democracy)
(EU-Kommission 2001a,
EU-Kommission 2001b,
EU-Kommission 2002).
Aufgrund der Tatsache, dass Politik und Wissenschaft unterschiedliche Funktionslogiken, d.h. unterschiedliche Aufgaben haben sowie unterschiedlichen
Ansprüchen und Kriterien genügen müssen, kann das pragmatische Modell der
Politikberatung im Endeffekt weder demokratischen noch wissenschaftlichen
Standards genügen.
Wissenschaft kann aus prinzipiellen Gründen nur hypothetisches Wissen begründen
(9. Schaubild), aber weder definitive oder verbindliche Entscheidungen
treffen noch für damit verbundene Folgen die Haftung übernehmen. Demokratische Institutionen können genau dies: Verbindliche und definitive Entscheidungen
vornehmen, gleichzeitig auch für die Folgen haften. Daher plädiere ich für ein
komplementäres
Modell der Politikberatung, in der jedes Subsystem seine Aufgaben möglichst gut
erfüllt (12. Schaubild).
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Die Einleitung soll eine allgemeine Hinführung zum Thema sowie vor allem
einen Überblick über die wichtigsten Fragen ermöglichen. Im zweiten und
dritten
Kapitel wird der eigentliche „Methodenstreit“ zwischen Szientisten und
Perestroikans innerhalb der Politikwissenschaft am Anfang des 21. Jahrhunderts
vorgestellt.
Die axiologischen, epistemischen, methodologischen und ontologischen
Auseinandersetzungen auch innerhalb der Politikwissenschaft zeichnen sich nicht
zuletzt aufgrund der Komplexität der darin enthaltenen Themen genauso wie
diejenigen im Positivismusstreit (Adorno et al. 1976 [1969]) durch Konfusionen,
Aneinandervorbeireden und Missverständnisse aller Art aus. Um Konfusionen und
Missverständnisse zu vermeiden, wird der „Methodenstreit“ in zwei Kapiteln
behandelt, auch auf die Gefahr hin, dass es zu Redundanzen und zu Wiederholungen
kommt.
Zuerst werden im zweiten Kapitel die wichtigsten Fragestellungen erörtert, die
diese Auseinandersetzung kennzeichnen. Es folgt eine Explikation von Begrifflichkeiten, die für die Strukturierung der Fragestellungen und
Kontroversen notwendig sind, damit ein Aneinandervorbeireden verhindert wird.
Danach werden die Kontrahenten präsentiert. Die Szientisten (Naturalisten,
kausale Reduktionisten, (Neo)Positivisten, disciplined political scientists,
3.
Schaubild), die sich an den Naturwissenschaften orientieren und eine
logisch-mathematische Forschungsmethodologie anwenden, werden zuerst allgemein
vorgestellt. Zum Abschluss des zweiten Kapitels werden dann aus der
konkurrierenden methodologischen Tradition, die sich an den Geistes- und
Kulturwissenschaften orientiert und eine sprachlich-interpretative Methodologie
einsetzt, die phronetischen Perestroikans betrachtet (4. Schaubild). Sie
bilden die letzte große Rebellion gegen das szientistische Establishment und
nicht gegen den Mainstream, wie in der Regel behauptet wird. Auch die Begriffe
„Establishment“ und „Perestroikans“ werden hier erläutert. Im zweiten Kapitel
geht es in erster Linie um das Kuhn-Narrativ, d.h., die Storyline des
methodologischen Glaubenskrieges steht im Vordergrund. Diese ist antagonistisch
angelegt und kann dramaturgisch und rhetorisch überzeugen, steht aber einer
adäquaten wissenschaftlichen Auseinandersetzung nicht nur im Wege, sondern trägt
seit Jahrzehnten zu einem nicht unerheblichen Maße zu diesem kontraproduktiven
Glaubenskrieg bei. Bei der Reduktion von Komplexität wird das ockhamsche
Rasiermesser so schwungvoll eingesetzt, dass aus veritablen Kontrahenten nur
noch Pappkameraden übrigbleiben. Das Sparsamkeitsprinzip (Prinzip der Parsimonie)
wurde zuerst von Wilhelm von Ockham (1288-1347) formuliert und fordert in diesem
Fall den ökonomischen Einsatz von wissenschaftstheoretischen Annahmen. Der
methodologische Glaubenskrieg, der unter dem Label „Methodenstreit“ läuft, kann
daher nur beendet werden, wenn man erstens mit anderen Begrifflichkeiten
arbeitet und zweitens davon wegkommt, dass man die andere Position auf eine
handvoll Thesen zusammenschrumpfen lässt, so dass wichtige Annahmen unerwähnt
bleiben oder verzerrt wiedergegeben werden. Eine differenziertere Darstellung
der politischen Methodologie, d.h. eine Ad-fontes-Rekonstruktion anhand von
originalen Quellen, ist aufgrund deren Komplexität unausweichlich, dies soll das
nächste Kapitel leisten.
Das dritte Kapitel ist der wichtigste und umfassendste Teil dieser Arbeit. In
diesem Kapitel steht eine an Pedanterie grenzende Differenzierung und
Nuancierung im
Vordergrund. Daher werden die sachlichen, wissenschaftstheoretischen
(axiologischen, epistemischen, methodologischen und ontologischen) Differenzen
und einige Gemeinsamkeiten zwischen dem szientistischen Establishment und den
phronetischen Perestroikans sowie meine eigenen Stellungnahmen genauer und
ausführlicher auf zehn Ebenen beleuchtet (1. Schaubild). Zu dieser vor
allem aus epistemischen Gründen gemachten Unterscheidungen auf der vertikalen
Ebene kommen noch drei Unterscheidungen aus axiologischen oder ontologischen
Gründen auf der horizontalen Ebene hinzu (2. Schaubild). Erst mit diesen
Differenzierungen kann man, wie anderswo begründet (Lauer
2013 und
1997), der
Komplexität dieser Fragestellungen einigermaßen gerecht werden. Dabei können nur
einige exemplarische Antworten auf diese Fragen erörtert werden. Angestrebt ist
ein Überblick über die vielfältigen Beziehungen zwischen axiologischen,
epistemischen, methodologischen und ontologischen Fragestellungen oder eine
logische Geographie der politischen Methodologie (2. Schaubild).
Im vierten Kapitel wird eine Zusammenfassung der Ergebnisse sowie der
wichtigsten Thesen präsentiert. Die Einleitung begann mit einigen Überlegungen
über die Bedeutung der Methodologie, in der Zusammenfassung soll auch der Frage
nachgegangen werden, ob der Methodenstreit Ausdruck einer Identitätskrise oder
Zeichen von Relevanz und Vitalität ist.
Das fünfte Kapitel enthält eine Gliederung der politischen Methodologie. Der
Ausblick soll einen kurzen Überblick über die politikwissenschaftliche
Methodologie im Allgemeinen sowie im Speziellen einen Überblick auf die
Methodologie einer
praktischen Politikwissenschaft liefern. Hier werden Wege aufgezeigt, wie die
hier
festgehaltenen Defizite sowohl der politischen Methodologie allgemein als auch
der praktischen Methodologie im Besonderen überwunden werden könnten (10.
Schaubild). Eine praktische Politikwissenschaft als Ergänzung einer
empirischen
(deskriptiven, explanativen und prognostischen) Politikwissenschaft (6.
Schaubild) mit einer praktischen (normativen, pragmatischen und technischen)
Methodologie (7. Schaubild) ist nämlich nach meiner Überzeugung der
geeignete Ort, um politisch-praktische Fragestellungen zu erörtern. Eine
praktische Methodologie kann eine praktische Sozialwissenschaft (Weber 1973c
[1904]) und damit auch eine praktische Politikwissenschaft begründen (8.
Schaubild, 9. Schaubild).
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Bei der Zitierweise in dieser Abhandlung und bei den Literaturangaben gibt es
mehrere Besonderheiten:
- Im Text werden zuerst das Jahr der verwendeten Ausgabe sowie in eckigen
Klammern das originale Erscheinungsjahr angegeben. Bei grundlegenden Werken wird
immer das ursprüngliche Erscheinungsjahr (nicht das Erscheinungsjahr der ersten
deutschen Übersetzung) in eckigen Klammern nach dem Erscheinungsjahr der
verwendeten Ausgabe angeführt.
- Die Seitenzahl bezieht sich auf Angaben der benutzten Auflage. Ausnahmen
davon gibt es aufgrund der Editionsgegebenheiten. Bei Klassikern wie
Aristoteles, Platon, Immanuel Kant oder Maximilian Carl Emil Weber werden die
Seitenzahlen von grundlegenden Editionen auch in eckigen Klammern festgehalten.
Eine besondere Zitierweise ist ebenso bei den Werken von Ludwig Josef Johann
Wittgenstein angebracht. Bei den Philosophischen Untersuchungen wird nicht die
Seitenzahl, sondern der Paragraph angeführt, beim Tractatus logico-philosophicus
nur die Nummer des Satzes.
- Auf die Angabe der Auflage wird im Text verzichtet, im Literaturverzeichnis
hingegen wird sie angegeben.
- Bei Onlineartikeln werden die absolute Adresse oder URL (Uniform Resource
Locator) sowie der letzte Zugriff der Internetseite angeführt.
- In der Regel wurden alle Vornamen der Autoren genannt, sofern diese ermittelt
werden konnten.
Wissenschaftliche Arbeiten publiziere ich seit Jahren auch im Internet, einige Projekte werden als „work in progress“ ständig weiterentwickelt. Insbesondere
aus diesen Projekten verwende ich umfangreiches Textmaterial. Es wird auf diese
Projekte
pauschal verwiesen, ohne dass jeder Satz wie üblich zitiert wird:
- Internetprojekt seit 1997: Wissenschaftliche Politikberatung. Teil II: Methodo-logie praktischer Politikwissenschaft. URL:
praktische-politikwissenschaft.de. Wird im Text mit „Lauer 1997“ angeführt.
- Internetprojekt seit 1998: Die Potentiale des deutschen Sozialmodells.
Vorschläge für eine konsistente und komplementäre Weiterentwicklung. URL: soziale-sicherheit.de. Wird im Text mit „Lauer 1998“ zitiert.
- Internetprojekt seit 2013: Wissenschaftliche Politikberatung. Teil I:
Methodologie empirischer und praktischer Wissenschaften. URL: praktische-wissenschaften.de. Darauf wird im Text mit „Lauer 2013“ hingewiesen.
Eine Selbstzitation daraus wird vermieden, weil sie sehr leserunfreundlich wäre.
Die damit notwendigen URL-Angaben würden den Text unleserlich machen, da die
Projekte, die weiterentwickelt werden, im HTML-Format und nicht im PDF-Format
publiziert sind. In Druckform wurden diese Projekte noch nicht veröffentlicht.
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Der lineare Text hat eine festgelegte Struktur, bei der sich der Leser vom
Anfang des Textes bis zum Ende des Textes bewegt (von links nach rechts und von
oben nach unten). Die Inhalte befinden sich in einer Datei, sofern der Text in
digitaler Form vorliegt. Linear ist der Text in allen Printformen gestaltet. Der
Hypertext oder transiente Text hat keine starre Struktur und steht in der Regel
nicht nur in einer Datei, sondern wird auf mehrere Dateien verteilt. Der Leser
hat die Möglichkeit, über Links oder Verweise von einem Punkt im Text an eine
andere Stelle im Text zu springen und wieder an die ursprüngliche Stelle
zurückzukehren. Hypertext bezeichnet Verbindungen zwischen Dokumenten, die das
Ziel haben, Begriffe zu erklären und auf andere Dokumente hinzuweisen. Nicht nur
Text, sondern auch Bild und Grafik, Audio und Video können integriert werden.
Zwar haben sich auch in den Büchern Möglichkeiten schnellen Navigierens
innerhalb des Textes herausgebildet (z.B. Inhaltsverzeichnisse, Personen- und
Sachregister) aber mit Hilfe des Hypertextes geht dies um ein Vielfaches besser
und erleichtert dem Leser nicht nur das Lesen, sondern auch die Evaluation und
damit das Verständnis vor allem von komplexen Relationen und Zusammenhängen.
Eine HTML-Version dieser Abhandlung findet man im Internet unter folgender URL:
www.lauer.biz/methodenstreit/index.htm
Hier geht es weiter zum 2.
Kapitel:
Begrifflichkeiten, Kontrahenten und
Streitpunkte.
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