Kurzfassung:
Potentiale des deutschen Sozialmodells. Vorschläge für eine konsistente
und komplementäre Weiterentwicklung
Mängel und Probleme des deutschen Sozialmodells, die es
unbestritten gibt, werden
allzu oft skandalisiert. Dessen Leistungsfähigkeit kommt dabei zu kurz.
Hier werden die Potentiale des deutschen Sozialmodells aufgezeigt und praktische (normative, pragmatische und technische) Wege aus der derzeitigen Krise beschrieben.
Das über Jahrhunderte entstandene und bewährte komplexe deutsche System kann
dadurch reformiert werden, dass einzelne Bereiche ausgebaut, andere wiederum abgebaut
werden. Konsistent als komplementäres
fünf Säule-Modell weiterentwickelt, hat das deutsche Sozialmodell das Potential,
weiterhin weltweit führend zu bleiben.
Damit eine unübersichtliche politische Diskussion vermieden
werden kann, ist es sinnvoll, drei unterschiedliche Diskursebenen zu
unterscheiden:
- Normative (ethisch-moralische) Diskursebene: Hier sollten die politischen Handlungsmaximen
erörtert werden, die für dieses Politikfeld entscheidend sind. Dabei wird
vorgeschlagen, eine
Kultur
der Solidarität von einer Kultur der Eigenverantwortlichkeit zu
unterscheiden und diese komplementär zueinander zu entwickeln.
Zu den Handlungsmaximen, kantisch gesprochen Maximen des Handelns,
gehören alle Normen, die nur Sollens-Sätze enthalten (ethisch-moralische
Normen). Handlungsmaximen bilden das Wertesystem einer Gesellschaft ab.
Sie stiften Identität und schaffen den normativen Rahmen für soziale
Abläufe, wodurch eine Gemeinschaft an Stabilität gewinnt. Dabei sollen jetzt
nicht Handlungsmaximen im weiteren Sinne im Mittelpunkt stehen, es geht nicht
um die Handlungsmaximen „Gerechtigkeit“, „Gleichheit“ oder „Fairness“, die nicht nur für die
soziale Sicherheit, sondern für alle Bereiche gelten. Vielmehr rücken
Handlungsmaximen in den Vordergrund, die sachbereichsspezifische und
konkretisierbare Normen (Leitlinien,
Maximen, Normen, Prinzipien, Werte und Ziele) für die Soziale Sicherheit
darstellen;
- Pragmatische Diskursebene: Das deutsche System hat fünf Säulen und
damit fünf unterschiedliche strategische Wege, die Risiken
"Armut" und "Krankheit" zu bewältigen. Diese
fünf politischen Handlungsstrategien sollten komplementär weiter
entwickelt werden.
Unter Handlungsstrategien sind Möglichkeiten des Handelns zu
verstehen, die noch nicht konkret ausgeformt sind. Diese Strategien geben den
Weg vor, der beschritten werden muss, um mit Hilfe von konkreten
Handlungsinstrumenten in das soziale Gefüge der Gesellschaft einzugreifen.
- Technische Diskursebene: Auf der operativen Ebene sind Handlungsinstrumente die praktische Umsetzung von Handlungsmaximen und Handlungsstrategien, deren konkrete Form auf (Gestaltungs)Prinzipien
beruhen, die ihre Ausgestaltung normativ vorgeben. Dabei handelt es sich immer
um Optionen, die je nach Situation gewählt werden können. Handlungssubjekte
sind in diesem Fall Vereine, Familien, Unternehmen oder der
Staat. Es handelt
sich bei den Handlungsstrategien um technisch-instrumentelle Normen (Seins-
und Sollenssätze).
Das deutsche Sozialsystem kennt folgende
gesetzliche Handlungsinstrumente: Sozialhilfe, Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung,
Grundsicherung für Arbeitssuchende (auch Hartz IV oder Arbeitslosengeld II
genannt, bis 2005 Arbeitslosenhilfe), Jugendhilfe, Kinder-, Erziehungs- und
Wohnungsgeld, Ausbildungs- und Vermögensbildungsförderung, Soziale
Entschädigung, Lastenausgleich, Wiedergutmachung, Renten-, Arbeitslosen-,
Kranken-, Pflege- und Unfallversicherung. Es kommt darauf
an, die einzelnen politischen Handlungsinstrumente konsistent nach einer
politischen Kultur und einer politischen Handlungsstrategie
zu reformieren und die einzelnen Instrumente komplementär zu gestalten.
Dieses Politikfeld wird paradigmatisch bzw. modellhaft mit den wissenschaftlichen Werkzeugen einer praktischen Politikwissenschaft bearbeitet.
Die wissenschaftstheoretischen Grundlagen für die Fundierung von praktischen Wissenschaften finden Sie im Internet unter:
Wissenschaftliche Politikberatung. Teil I: Methodologie empirischer und praktischer
Wissenschaften.
Die wissenschaftlichen Werkzeuge (Begriffe, Sätze, Theorien, Logiken, Argumentationsweisen, Methoden und methodische Ansätze) für eine praktische Politikwissenschaft werden auf diesen Seiten
erläutert, expliziert, präzisiert, rekonstruiert, neu entwickelt oder weiterentwickelt: Wissenschaftliche Politikberatung. Teil II: Methodologie praktischer Politikwissenschaft.
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